Die Meldung überraschte: Die OECD geht in ihrer jüngsten Konjunkturprognose davon aus, dass die Weltwirtschaft eine Rezession vermeiden kann. Dagegen schlagen Stabilitätswächter rund um den Globus, etwa die Bundesbank, die Europäische Zentralbank (EZB), die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel, die deutsche Finanzaufsicht Bafin oder die "Singapore Monetary Authority" Alarm, dass eine neue Finanzkrise droht. Die Experten sehen dabei eine Vielzahl an Problemen und Risiken, die sich auch gegenseitig verstärken, wie das "Handelsblatt" schreibt.

"Ich bin ziemlich pessimistisch hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung im kommenden Jahr. Eine Konstellation, bei der die Wirtschaft in den USA, Europa und China gleichzeitig schwächelt, hat es in den vergangenen Jahren nicht gegeben", warnt auch Christian Keller, Chefvolkswirt der britischen Großbank Barclays in der Zeitung. "Es ist nicht ein einzelnes Risiko, das mir Angst macht, sondern die Mischung aus so vielen unterschiedlichen Gefahren, die ich noch nie erlebt habe", zitiert das "Handelsblatt" weiterhin den Deutschlandchef einer internationalen Großbank.

Bafin: "Multiple Herausforderungen"
Auch die EZB sehe wegen der diversen Krisenherde in der Welt deutlich höhere Risiken für die Finanzstabilität. Für Luis des Guindos, den Vizechef der Notenbank, stehen dabei die gestiegenen Energiepreise, Inflationsraten und die Rezessionsgefahr im Mittelpunkt. Dieser Mix werde durch weitere Faktoren angereichert: Die Verwundbarkeit von Haushalten, Unternehmen und Staaten durch höhere Verschuldung habe zugenommen, so das "Handelsblatt". Bafin-Präsident Mark Branson sieht laut der Zeitung ebenfalls "multiple Herausforderungen für die Realwirtschaft und damit indirekt auch für den Bankensektor". Die Geldhäuser müssten sich deshalb auf Rückschläge vorbereiten.

Ein weiteres Problem sei die plötzliche Zinswende: Zwar helfen steigende Zinsen den Banken im Kreditgeschäft, allerdings verlieren Staatsanleihen mit niedriger Verzinsung, die die Banken in den vergangenen Jahren gekauft haben, durch den Anstieg der Marktzinsen an Wert. Die Bundesbank warnt daher in ihrem jüngsten Stabilitätsbericht, dass die abrupte Zinswende die Banken zu Abschreibungen zwinge. Viele Institute hätten "ihre stillen Reserven bereits weitgehend aufgebraucht".

Verluste von Banken und Versicherungsgesellschaften
Zu den Gefahren für das Finanzsystem zählen die Stabilitätswächter auch die Spannungen an den Finanzmärkten. Die Kurskorrekturen an den Börsen hätten Banken, Versicherern und Investmentfonds insgesamt Verluste eingebrockt, argumentiert die Bundesbank, schreibt das "Handelsblatt". Der rasante Kursanstieg und die extremen Kursausschläge bei Energieprodukten hätten dazu geführt, dass sich die Anforderungen an Sicherheiten bei Derivateverträgen deutlich erhöhten. 

Sorgen bereiten der BIZ ferner die Risiken im nichtregulierten Finanzsektor außerhalb der Banken. Die sogenannten Schattenbanken, zu denen die BIZ zum Beispiel Hedgefonds und Vermögensverwalter zählt, seien aufgrund ihrer versteckten Schulden und möglicher Liquiditätsengpässe verwundbar. Diese Nichtbanken würden im Finanzsystem eine immer wichtigere Rolle spielen und damit die Regulierung aushebeln, so das Handelsblatt. (jb)