Es spricht einiges dafür, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die derzeit abfallende Zinsstrukturkurve flacher gestalten oder ihr sogar zu einem Anstieg verhelfen möchte. Dieser Überzeugung ist Gunther Schnabl, Senior Advisor beim Flossbach von Storch Research Institute in Köln. Der Experte sieht daher Hinweise für eine dauerhaft erhöhte Euro-Inflation, wie er in einem aktuellen Marktkommentar darlegt. 

"Eine aufsteigende Zinsstrukturkurve könnte die Banken im Euroraum stabilisieren, weil die kurzfristigen Finanzierungskosten sinken, während die Zinsen im langfristigen Neugeschäft als wichtige Einkommensquelle steigen", erklärt Schnabl. Andererseits würden steigende langfristige Zinsen die ohnehin schwache Nachfrage nach Unternehmens- und Immobilienkrediten weiter dämpfen.

Mögliche Folgen weiterhin hoher Zinsen 
Würden hohe Zinsen die Immobilienpreise weiter drücken, so könnten aufgrund des fallenden Wertes der Sicherheiten mögliche Kreditausfälle die Banken destabilisieren. "Steigende Zinsen auf Staatsanleihen könnten hoch verschuldete Eurostaaten wie Griechenland und Italien in Bedrängnis bringen, sodass die EZB wieder gezwungen sein könnte, mit erneuten Ankäufen von Staatsanleihen den Euro zu retten", so der Forscher.

Dies könne als Hinweis darauf gelten, dass die angedeuteten Leitzinssenkungen auch erneute Ankäufe von Wertpapieren durch die EZB signalisieren, glaubt der Experte. Damit würde es also auch zu Zinssenkungen am langen Ende der Strukturkurve kommen, selbst wenn derzeit noch das Gegenteil angekündigt ist. "Wenn das der Fall wäre, dann dürfte es aus vier Gründen einen neuen Schub bei der Inflation geben", erklärt Schnabl.

Viel Überschussliquidität bei den Notenbanken
"Erstens gibt es noch sehr viel Überschussliquidität im Bankensystem", erläutert er. Die Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB beziehungsweise bei den Zentralbanken des Eurosystems lägen noch deutlich über den notwendigen Mindestreserven. Würde die Überschussliquidität nicht weiter konsequent reduziert, sondern wieder erhöht, dann würden die langfristigen Zinsen wieder sinken und das Kreditvolumen wieder schnell wachsen. "Zusätzliche Investitionen und mehr Konsum würden die Inflation wieder nach oben treiben", schreibt der Forscher.

Zweitens würde seiner Ansicht nach ein neues Ausgabenpotenzial für die Eurostaaten geschaffen, das nicht nur über eine zusätzliche Staatsnachfrage den Inflationsdruck wieder anheizen würde. "Eine weiterhin hohe Nachfrage der Eurostaaten auf dem Arbeitsmarkt würde den aktuellen Arbeitskräftemangel weiter verstärken und die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften hochhalten", so Schnabl.

Verfall der Immobilienpreise würde gebremst
Die Inflation würde dann, drittens, über weiter stark wachsende Lohnstückkosten hochgehalten, weil sich die aktuelle Lohn-Preis-Spirale weiterdrehen würde. "Und viertens würde der Verfall der Immobilienpreise eingedämmt, der derzeit einen deflationären Druck im Euroraum verursacht", erläutert der Experte. (am)