Die Notenbanken haben viele Jahre auf sie gewartet, nun ist die Inflation mit so großer Wucht gekommen, dass die Zentralbanken sie verzweifelt bekämpfen. Ob sie dabei Erfolg haben werden, ist nach Einschätzung der Kapitalmarktstrategen des Kölner Vermögensverwalters Flossbach von Storch keineswegs sicher. Das anfängliche Zögern der Notenbanken, den Kampf entschlossen aufzunehmen, macht nun große Zinsschritte erforderlich, mit Folgen für die verschiedenen Assetklassen. 

So haben auch Aktien unter dem Anstieg der nominalen Renditen bei Anleihen gelitten, weil höhere Zinsen den Barwert zukünftiger Unternehmensgewinne reduzieren. Hinzu kommen Rezessionssorgen, die auf die Kurse drücken. "Andererseits liegt der Realzins deutlich unter null und damit niedriger als jemals zuvor. Insofern hat das Inflationsumfeld für Aktien auch eine positive Seite. Inflation steigert langfristig die Unternehmensgewinne und damit auch die Aktienkurse, sofern die Zinsen nicht, wie in den 70er Jahren, noch höher als die hohe Inflationsrate sind", schreiben die Flossbach-Experten in ihrem aktuellen Kapitalmarktbericht.

Anleihen vereinzelt wieder attraktiv
In Bezug auf Anleihen betonen Bert Flossbach und sein Team, dass ein weiterer Zinsanstieg vor allem die Kurse von Titeln mit langer Laufzeit weiter drücken würde. Insofern spiele das Timing bei Anleihen eine große Rolle. Erstmals seit vielen Jahren gebe es vereinzelt wieder attraktive Renditen, die hoch genug sind, um auch bei höheren Inflationsraten als in der Vergangenheit einen positiven Realzins zu bieten. "Den gibt es bei Dollar-Anlagen sogar schon mit Staatsgarantie in Form inflationsgeschützter Anleihen", schreiben die Experten.

Sollten die Notenbanken den Kampf gegen die Inflation aber verlieren, weil sie gezwungen werden, ihre Zinserhöhungen früher als notwendig einzustellen, drohe ein Vertrauensverlust – die Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes könnte dann infrage gestellt werden. "In diesem Fall würde Gold als Währung der letzten Instanz stark gegenüber den unter Kaufkraftschwund leidenden Papierwährungen aufwerten."

Sehr negative Stimmungslagen bieten Chancen
Flossbachs Fazit: "In der komplexen Gemengelage ist eine intelligente globale Diversifikation mit einem hohen Anteil an Sachwerten die beste Strategie, um Risiken zu begrenzen und Chancen zu wahren. Ob die Talfahrt an den Finanzmärkten schon vorüber ist, vermag niemand zu sagen. Fest steht allerdings, dass sehr negative Stimmungslagen nach deutlichen Kursverlusten fast immer ein besseres Verhältnis von Chance zu Risiko geboten haben als besonders sorglose oder gar euphorische Phasen." (jb)