Investments in den Emerging Markets – ob Aktien, Unternehmensanleihen oder Währungen – haben in den letzten Wochen stark gelitten. "Hauptgründe sind höhere US-Zinsen und der stärkere US-Dollar", stellt Andreas Lesniewicz fest. Beides führe zu einem unvorteilhaften Umfeld für die Refinanzierung von Unternehmensanleihen, auch in den Schwellenländern. "Denn nicht nur Unternehmen in den USA und Europa haben das niedrige Zinsumfeld der vergangenen Jahre massiv dazu genutzt, so viel Schulden wie möglich aufzunehmen. Auch in den Emerging Markets ist das geschehen", erklärt der Co-Gründer des Family Office Conren

Die Verschuldung in den Emerging Markets sei sogar extrem schnell angestiegen: Die Verbindlichkeiten von Unternehmen und Staaten haben sich in den letzten zehn Jahren in etwa verdreifacht, von rund sechs auf 20 Billionen US-Dollar. "Das Problem: Allein in den kommenden zweieinhalb Jahren haben EM-Schuldner circa 4,5 Billionen US-Dollar davon zu refinanzieren. Sollte sich das Umfeld nicht ändern, kann es hier zu einer ganz erheblichen Katerstimmung kommen", warnt Lesniewicz .

Bei EM-Anleihen spiele zusätzlich die Währungskomponente eine Rolle: Bei Schuldtiteln in "harter" Währung können es insbesondere bei einem stark steigenden US-Dollar schnell zu Bilanzproblemen kommen. Vor dem Hintergrund währungsbedingter Emerging-Market-Krisen wie der Asienkrise Ende der 1990er Jahre drängt sich die Frage auf: Wurde nichts dazugelernt? "Auf den ersten Blick schon", sagt Lesniewicz. Die Verschuldungsrelationen in den Emerging Markets seien aktuell insgesamt nicht mehr so fremdwährungslastig. Anleihen in "Hard Currencies" machten heute weniger als zehn Prozent der Gesamtverschuldung aus. "Dennoch: Das schiere Verschuldungsvolumen bereitet Kopfschmerzen."

Grundsätzlich positiver Datenkranz
Einzelne Emerging Markets blieben vor allem für langfristig denkende Investoren trotz der hohen Verschuldungsquoten interessant. "Auch gibt es aus konjunktureller Sicht viel Positives zu beobachten: hohes Wachstum bei schwindender Inflation, historisch betrachtet vernünftigere Bewertungen und eine insgesamt höhere politische Stabilität als noch vor 20 Jahren, oft gute Leistungsbilanzen, besser funktionierende heimische Anleihenmärkte, hohe Währungsreserven und eine wachsende sowie im Vergleich zu den Industriestaaten obendrein deutlich jüngere, also wissensdurstige und wohlstandshungrige Bevölkerung", zählt Lesniewicz auf.

Dennoch: Wie diversifizierend EM-Anlagen für Portfolios in einem Bärenmarkt sind, sei fraglich. "Die anbrandende, weltweite Refinanzierungswelle ist jedenfalls für alle Märkte ein schwieriger Prüfstein", schlussfolgert Lesniewicz. (fp)