Die Angst vor der Renationalisierung Europas wird im Superwahljahr 2017 (Niederlande, Frankreich, Deutschland) wieder zum Anlagethema. Auch Marc Renaud, Chef und Gründer der französischen Fondsboutique Mandarine Gestion, ist auf der Hut. Einen Sieg der Populistin Le Pen bei den beiden Wahlgängen am 23. April und 7. Mai würden die Märkte nicht so positiv aufnehmen wie jenen von US-Präsident Donald Trump im vergangenen November, glaubt er: "Man wird wieder hergehen und die Schuldenstände Frankreichs mit jenen von Griechenland vergleichen, das wird uns hart treffen. Wir könnten uns bei Zinssätzen von acht Prozent widerfinden. Das wäre ein Desaster", so Renaud.

Der Zins für zehnjährige französische Staatsanleihen hat sich seit Mitte des Vorjahres von rund 0,1 auf etwa ein Prozent bereits kräftig ausgeweitet. Für deutsche Pendants liegt der Satz auf rund 0,3 Prozent. Nachdem sich mehrere Bewerber der gemäßigten Parteien für die französischen Präsidentschaftswahlen im April und Mai selbst in Misskredit gebracht haben, steigen zunehmend die Chancen für die Euro-Gegnerin Marine Le Pen, die beispielsweise einen "neuen Franc" schaffen will.

"Europas Unternehmen nicht hoch genug bewertet"
Abgesehen von den politischen Risiken sei das Umfeld in Europa allerdings momentan sehr positiv: "Zahlreiche europäische Unternehmen sind immer noch nicht fair bewertet", sagt Renaud. So liegen die KGVs im Vergleich zu den USA auf historischen Tiefständen. "Im Zuge der Konjunkturerholung werden wir einen Margenaufschwung in Europa sehen, der noch nicht eingepreist ist", sagt Renaud.

Gleichwohl könne man 2017 nicht mehr zu jenen "Bankrottpreisen" wie 2015 investieren: "Den Stahlgiganten Arcelormittal mit einem Kurs-Buchwertverhältnis von ungefähr 0,3 zu kaufen, das war einfach verrückt. Doch auch wenn die Aktie mittlerweile aufgeholt hat, ist sie wie viele andere noch weit von ihrem zehnjährigen Durchschnitt entfernt", so Renaud.

In dem von ihm verantworten Mandarine Valeur wählt Renaud bevorzugt Einzeltitel nach Aufwertungspotenzialen aus und definiert diese nach der Logik, wonach unterbewertete Papiere zu ihren historischen Mittelwerten zurückkehren – vorausgesetzt, ein entsprechender Katalysator ist vorhanden. Das können Bilanzbereinigungen, neue Marktchancen oder ein Managementwechsel sein. 

Erste Bank noch immer mit Potenzial
Positiv seien aus diesem Blickwinkel zahlreiche Bankentitel zu beurteilen. Diese haben nach massiven Kursverlusten bekanntlich im Vorjahr wieder viel Boden gut gemacht. Europäische Geldinstitute liegen laut Renaud bewertungstechnisch jedoch noch immer 74 Prozent unter ihren Vorkrisenniveaus. In den USA sind sie nur noch 39 Prozent davon entfernt. "Eine Erste Bank habe ich immer noch im Portfolio, obwohl sie zuletzt kräftig aufgewertet hat. Zum Beispiel sind die historischen Levels beim Buchwert noch nicht ganz erreicht. Und nachdem ich keinen Anlass habe zu glauben, dass die Erste in nächster Zeit Wert vernichtet, ist sie Teil meines Spektrums".

2016 legte der Fonds mit der Strategie eine kräftige Outperformance hin, vor allem aufgrund des guten Abschneidens der Banken und der Rohstofftitel. Allerdings waren die Jahre davor im Umfeld des Quantitative Easings eher wenig vergnüglich. (eml)