Was am Bond-Markt passiert, deuten Marktexperten häufig als Vorboten für die Entwicklung an den Aktienmärkten. Schließlich übersteigt die Größe des globalen Anleihemarkts die Kapitalisierung des Aktienmarkts deutlich. Unter dieser Prämisse sollten Investoren die aktuellen Negativ-Signale bei Anleihen genauestens beobachten, sagt Marcus Hüttinger, Marktstratege beim Vermögensverwalter Gané. Seit April sind die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen von über 1,7 auf unter 1,2 Prozent gefallen, obwohl die US-Kerninflation immer weiter steigt. "Der Rückgang der Anleiherenditen erscheint kontraintuitiv, denn historisch begegneten Notenbanken einer solchen Entwicklung mit Zinsanstiegen", sagt Hüttinger. 

Lässt sich an dem Rendite-Rückgang also das baldige Ende des Wachstumskurses am Aktienmarkt oder gar eine drohende Stagflation ablesen? Nicht ganz. "Aus fundamentaler Sicht spricht die Verlangsamung der Wachstumserholung aufgrund der pandemischen Verbreitung der Delta-Variante gegen unmittelbar bevorstehende Zinserhöhungen", sagt Hüttinger. Dass das Wachstum stagniert und die Inflation weiter steigt, sei erst einmal nicht zu erwarten. Trotzdem sollten Anleger die Warnsignale des Rentenmarktes nicht ignorieren. 

Risikopuffer wichtiger denn je 
"Neue Höchststände für die Breite der Aktienmärkte werden zunehmend unwahrscheinlicher", sagt Marktexperte Hüttinger. Regulierungstendenzen in China, eine bevorstehende Reduzierung der notenbankinduzierten Liquiditätsschwemme, Spekulationsblasen und eine "teilweise unreflektierte Gier von Kapitalmarktteilnehmern auf der Suche nach dem schnellen Gewinn" könnten die Volatilität an den Märkten seiner Meinung nach sprunghaft ansteigen lassen. "Aktien bleiben zwar die bevorzugte Anlageklasse, eine gewissenhafte Auswahl von Gewinnerunternehmen und ein Risikopuffer sind aber wichtiger denn je", betont Hüttinger. (fp)