Der altehrwürdige Dow Jones Industrial wird renoviert – oder besser: runderneuert. Anlass ist die Ende Juli angekündigte Aufteilung der Aktien von Apple. Der Schritt des Unterhaltungselektronik- und Computerherstellers hat aber nun eine unvorhergesehene Kettenreaktion ausgelöst: Auf einen Schlag werden gleich drei der 30 Indexmitglieder ausgetauscht – darunter eines, das seit 92 Jahren zur Stammmannschaft zählte. An ihre Stelle rücken überwiegend Technologieunternehmen, weil die "Macher" hinter dem Dow Jones an einer veralteten Berechnungsmethode festhalten, wie die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) berichtet.

Aber von vorn: Der US-Technologieriese Apple will seine Aktien im Verhältnis 1 zu 4 splitten. Wer bereits Aktionär ist, bekommt für jeden gehaltenen Anteilschein vier neue. Durch die Maßnahme soll die Apple-Aktie für eine größere Gruppe von Investoren erschwinglich werden, da jede statt rund 500 dann nur noch 125 US-Dollar kosten wird. Der Split soll am 31. August wirksam werden, Apple-Anleger erhalten die zusätzlichen Papiere in ihr Depot gebucht.

Eigenwillige Indexkonstruktion
Hier kommt der NZZ zufolge die gewöhnungsbedürftige Bauart des Index ins Spiel. Der Dow Jones gewichtet, anders als moderne Börsenbarometer wie der Dax oder der S&P 500, eine Mitgliedsaktie nicht nach ihrer Marktkapitalisierung oder nach ihren Handelsumsätzen an der Börse. Das Grundkriterium ist vielmehr der schlichte Preis des Papiers.

Das führt skurrilerweise dazu, dass die Aktie mit dem höchsten Kurs den Index maßgeblich bewegt, einfach weil sie dort am höchsten gewichtet wird. Statt der Apple-Aktie wird diese Rolle künftig der Anteilschein des Krankenversicherungs- und -vorsorgespezialisten United Health einnehmen – und das nur, weil er mit rund 310 US-Dollar den höchsten Kurs stellt. Im Grunde, so bemängeln Kritiker, sei der Dow Jones also gar kein "richtiger" Index, sondern ein simpler Durchschnittswert. Dennoch widersetzen sich seine "Macher" jedweden Forderungen nach einer gründlichen Modernisierung der Berechnungsmethode hartnäckig.

Die Folge des Aktiensplits ist nun, dass sich nicht nur der Indexanteil von Apple, sondern zugleich das Gesamtgewicht der für die US-Wirtschaft nicht eben unwichtigen Technologiebranche im Dow Jones verringert  – und das, obwohl Apple mit einem Börsenwert von mehr als zwei Billionen US-Dollar das größte Aktienunternehmen der Welt bleibt. Den Gewichtsverlust des Tech-Sektors aber möchte die Indexkommission, die sehr große Gestaltungsfreiheiten bei der Zusammensetzung des Börsenbarometers genießt und in geheimer Wahl über jeden neuen Titel abstimmt, laut der NZZ verhindern. 

Drei Tech-Neulinge auf einmal, aber Amazon muss draußen bleiben
Ihre Entscheidung lässt aufhorchen: Gleich drei Traditionskonzerne verlieren ihren Dow-Jones-Status: der Mineralölkonzern Exxon Mobil, der Pharmahersteller Pfizer sowie der Rüstungs- und Elektronikkonzern Raytheon. Ersetzt werden sie durch das Cloud-Computing-Unternehmen Salesforce, das Biotechunternehmen Amgen sowie den Technologiekonzern Honeywell, der auf Steuerungstechnologien für die Raumfahrt, Gebäudetechnik und Rüstungsindustrie spezialisiert ist.

Die Wechsel sollen "helfen, den Index zu diversifizieren, indem sie Überlappungen zwischen Firmen mit ähnlichen Geschäftsfeldern entfernen und neue Unternehmen hinzufügen, um die amerikanische Wirtschaft besser abzubilden", zitiert das "Manager Magazin" eine Erklärung der Verantwortlichen bei S&P Dow Jones Indices. Der Einfachheit halber den Online-Versandriesen Amazon in den Dow zu holen, verbietet sich wegen der exotischen Index-Bauart von selbst: Mit einem Kurs von rund 3.440 US-Dollar würde der Anteilschein der Internet-Ikone die anderen Mitglieder schier erdrücken.

Stammspieler muss weichen
Eine besondere Note erhält die Entscheidung dadurch, dass Exxon Mobil respektive dessen Unternehmensvorgänger "Standard Oil of New Jersey" das älteste Mitglied des Dow Jones ist – oder besser: war. Der Öl- und Gaskonzern wurde bereits 1928 in den Index aufgenommen und führte ihn im Lauf der Jahre mehrmals an. Noch länger als Exxon Mobil hatte nur General Electric dem Dow Jones Industrial Average angehört, von der Gründung des Index im Jahr 1896 bis zum Rauswurf im Juni 2018. (jb/ps)