Nach Ansicht der Experten von M.M.Warburg führt die steigende Bedeutung von ETFs zu einem rückläufigen Eigenleben von Einzeltiteln. Die sei am hauseigenen "Chart der Woche" zu erkennen, der zeigt, wie gut die Wertentwicklung einer Aktie durch die allgemeine Marktentwicklung in einem Land erklärt werden kann. "Bei sehr niedrigen Werten, wie sie unsere Berechnung aktuell ergeben, lässt sich die Wertentwicklung einzelner deutscher Aktien durch die Wertentwicklung aller deutschen Aktien im Stoxx 600 relativ gut erklären. Hohe Werte dagegen, wie sie etwa 2008 zu beobachten waren, bedeuten, dass die Wertentwicklung einzelner Aktien im Durchschnitt weniger treffend durch den Gesamtmarkt erklärt werden kann", erklären die M.M.Warburg-Experten (siehe Grafik unten).

Es sei jedoch anzumerken, dass der jähe Anstieg der Dispersion im Chart der Woche im Jahr 2008 insbesondere durch die Kursexplosion der damals im DAX hoch gewichteten VW-(Stamm)-Aktien ausgelöst wurde. Im Krisenherbst 2008 führte ein nicht gedecktes Derivate-Geschäft zu Zwangseindeckungen (Short-Squeeze) beim Automobilkonzern und zu Kursen von fast 1000 Euro pro Aktie, während fast alle anderen Titel im Index krisenbedingt unter die Räder kamen.

Stock Picking – ein Relikt alter Zeiten?
Eine niedrige Dispersion stellt die Sinnhaftigkeit einer Einzeltitelselektion in Frage. Stock Picker müssen daher nicht nur über ein außergewöhnlich gutes Händchen bei der Aktienauswahl haben, sondern auch im derzeitigen Umfeld laut Warburg "einen langen Atem beweisen, weil die Wertentwicklung einzelner Aktien vergleichsweise stark vom Gesamtmarkt abhängt, und unternehmensspezifische Faktoren für die Kursentwicklung eine weniger wichtige Rolle als früher spielen."

Marktkorrektur hat auch ihre guten Seiten
Sofern der Markt nicht crashartig abverkauft wird und damit alle Aktien gleichzeitig wie ein Stein fallen, sollte die aktuelle Marktkorrektur nach Einschätzung von M.M.Warburg zu einem größeren Eigenleben von Aktien führen. Dann zahle es sich wieder aus, die "richtigen" Aktien im Portefeuille zu haben. Das zeigt sich auch an schwachen Tagen bei den einzelnen DAX-Werten: Dann gehören defensive Aktien wie FMC oder die Versorger zu den stabilen Papieren, während "High-Beta-Aktien" wie die Deutsche Bank oder die Commerzbank im roten Bereich liegen.

Perlentaucher zieht es in den Süden
Das größte Eigenleben in Europa führen zurzeit Dividendenpapiere aus Italien, Portugal und Griechenland. Anleger beziehungsweise Fondsmanager mit einem dezidierten Stock-Picking-Ansatz und entsprechendem Talent können dort als "Perlentaucher" viel leichter reüssieren als beispielsweise an den Aktienmärkten Deutschlands, Belgiens, Schweden oder der Schweiz.

Fazit: Anleger sollten bei den genannten Peripherie-Ländern auf aktive Fondsmanager, bei deutschen oder Schweizer Aktien besser auf ETFs setzen. (aa)

1412932348.jpgAuswertung der Eigenbewegung deutscher Aktien auf Basis der mittleren Abweichung der Aktienkurse vom Kursniveau, welches sich auf der Basis des Gesamtmarktes ergibt. Quelle: M.M.Warburg