Die Emerging Markets waren zuletzt nicht gerade ein lohnendes Investment. Ihre Aktienmärkte entwickelten sich in den vergangenen sechs Jahren insgesamt um 70 Prozent schlechter als ihre Pendants in den Industrieländern. Nun könnten sie zur Aufholjagd ansetzen. Anleger, die daran teilhaben wollen, sollten allerdings indexnahe Investments meiden und lieber aktiv investieren, rät Prashant Khemka, CIO für Emerging-Markets-Aktien bei Goldman Sachs Asset Management (GSAM). Grund dafür sind die Zusammensetzungen der Indizes selbst, die für gefährliche "Klumpenrisiken" sorgt.

Die Probleme beginnen damit, dass Unternehmen in Staatsbesitz (SOE) im Aktienindex MSCI Emerging Markets einen Anteil von 28 Prozent haben. In China, dem größten Land im Index, entfallen sogar rund zwei Drittel des Exposures auf solche Firmen. Mit fatalen Folgen: "Die Betriebe fungieren faktisch als verlängerter Arm des Staates und dienen häufig eher Regierungs- oder öffentlichen Interessen als denen von Minderheitsaktionären", kritisiert Khemka. "Diese falsche Interessenausrichtung kann gute Corporate Governance untergraben und zu massiven Kapitalfehlallokationen sowie einer schwachen Ertragskraft führen."

Das beste Rohstoff-Orakel nützt nichts
Ein weiteres Problem ist die extrem hohe Gewichtung von Energie- und Rohstoffunternehmen. Diese stellen fast 15 Prozent des länderübergriefenden Schwellenland-Index von MSCI. "Die meisten befinden sich ebenfalls in Staatsbesitz oder stehen unter staatlichem Einfluss", sagt der GSAM-Experte. Steigen die Rohstoffpreise, leiten die Unternehmen ihre höheren Umsätze in Bereiche, die dem Staat förderlich sind, aber nicht unbedingt den Aktionärserträgen. "Anleger können daher die Rohstoffpreise so gut vorhersagen, wie sie wollen. Es nützt ihnen nichts, da der Zusammenhang zwischen Preisen und Aktionärserträgen einfach nicht besteht", sagt Khemka.

Schwellenländer-Banken machen weitere 17 Prozent des Index aus – und sind durch Staatsbesitz oder politische Einmischung ähnlich stark belastet. "In Asien ist die Mehrheit der börsennotierten Geldinstitute staatlich geführt, in China sind es praktisch alle", sagt Khemka. Seit Jahren leiten chinesische Banken Kredite in strategisch wichtige Branchen. Jetzt könnten sie die Wachstumsverlangsamung in China und das Risiko dieser Art der Kreditschöpfung zu spüren bekommen.

Themen- statt Branchenfokus
Statt in Indizes ihr Glück zu suchen, setzen Khemka und sein Team lieber auf vielversprechende Einzelthemen. Die Ausbreitung der mobilen Datennutzung in den Schwellenländern hält er für ein solches interessantes Thema, allerdings nicht in Bezug auf den Telekomsektor. "Der macht circa sieben Prozent in dem kapitalisierungsgewichteten MSCI-Index aus und ist voll von Unternehmen aus der Privatwirtschaft", erklärt Khemka. Doch die Firmen seien einem scharfen Verdrängungswettbewerb ausgesetzt, verfügten nur über begrenzte Preismacht und schafften es einfach nicht, mehr als die Kapitalkosten zu verdienen. "Wir tun uns entsprechend schwer, in diesem Sektor Anlagegelegenheiten zu finden", lautet das Resumé von Khemka.

Das explosive Wachstum und die steigende Popularität der Datennutzung kann treffender über Unternehmen mit erfolgreichen E-Commerce- und Online-Plattformen oder entsprechenden logistischen Aktivitäten abgebildet werden. Sie profitieren von der rasant zunehmenden Smartphone-Penetration, unterliegen aber nicht demselben Wettbewerbsdruck wie die den Index dominierenden Telekombetreiber. (fp/kb)