Der jährlich publizierte "In Gold we Trust“-Report wurde Anfang Juni veröffentlicht und dessen wichtigste Aussagen in Wien präsentiert. Investoren wissen das Werk offenbar zu schätzen, allein die letztjährige Publikation verzeichnete mehr als 1,5 Millionen Downloads.


Die wichtigsten Schaubilder aus der Incrementum-Präsentation finden Sie in unserer Chartgalerie oben.


Die beiden Autoren Ronald-Peter Stöferle und Mark Valek vom liechtensteinischen Vermögensverwalter Incrementum, den meisten Marktteilnehmern bekannt von ihren ehemaligen Tätigkeiten als Goldanalyst (Stöferle) und Fondsmanager (Valek) bei Erste Bank respektive Raiffeisen Capital Management, analysieren in zwölf Kapiteln und auf knapp 180 Seiten die verschiedensten Einflussfaktoren des Goldpreises.

Die Ruhe vor dem Sturm
"Zwar scheint oberflächlich im Moment an den Finanzmärkten alles in Ordnung zu sein, wir halten dies aber für eine angespannte Ruhe, die bald zu Ende gehen könnte“, so Stöferle auf dem Vororttermin in Wien. Die Preise in vielen Anlageklassen befänden sich auf Höchstständen, und die Volatilitäten bei Aktien seien rekordverdächtig niedrig.

Die amerikanische Volkswirtschaft erlebe seit der Krise den drittlängsten Aufschwung überhaupt, die eingeleitete Normalisierung der Geldpolitik in den USA sei für viele Börsianer die Bestätigung für die Genesung der US-Ökonomie. Auch um China, dem ökonomischen Sorgenkind der letzten Jahre, sei es zuletzt ruhiger geworden. Und sogar in Europa stünden die Zeichen auf Erholung. Kurzum: "Die Symptome der vergangenen Krisen scheinen gerade zu verschwinden, und genau das verleiht Gold ein besonders großes Aufwärtspotenzial", ist Stöferle gewiss.

Trumps Wahl unterbrach die Goldrally
Die positive Goldpreisentwicklung im Jahr 2016 wurde durch die Wahl Trumps gebremst, vor allem in Erwartung auf stärkere Wachstumszahlen und damit verbunden höhere Zinsen. Stöferle und Valek stehen dieser Sichtweise skeptisch gegenüber: Der aufkommende Populismus in vielen Industriestaaten, welcher bislang in der Wahl von Donald Trump gipfelte, ist ihrer Meinung nach Beleg für wirtschaftliche Probleme. Für die baldige Fortsetzung des Gold-Bullenmarktes sprechen ihrer Ansicht nach folgende fünf Gründe:

1. Nächste US-Rezession kommt. Auf diese wird die Federal Reserve mit einer weiteren, noch extremeren geldpolitische Lockerung antworten (müssen).

2. Globale Überschuldung ist evident. Selbst viele Schwellenländer nähern sich mit großen Schritten einer Schuldenkrise. Die globalen Schulden belaufen sich per Ende 2016 auf 215 Billionen Dollar oder 325 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Ein "Herauswachsen" aus eigener Kraft scheint unrealistisch, eine deutliche Abwertung des US-Dollars gegenüber Gold ist um einiges wahrscheinlicher. 

3. De-Dollarization hat begonnen. Der Stellenwert des US-Dollar als internationale Währungsreserve nimmt ab. Gold ist die einzige Alternative für internationale Zentralbanken, die ein liquides und vor allem gegenparteifreies monetäres Gut halten wollen.

4. Eintreten eines "Schwarzer-Schwan"-Ereignisses. In der gegenwärtigen Lage sind etliche Schockereignisse möglich. Egal ob ein solches einem (geo-)politischen Konflikt entspringt oder einen wirtschaftlichen Hintergrund hat, eine angemessene Goldallokation kann die negative Folgen abfedern.

5. Technische Analyse von Marktstruktur, Sentiment und Preismuster veranlasst die Autoren zu einer grundsätzlich positiven Einschätzung hinsichtlich der Kursentwicklung von Gold. In den nächsten Wochen sei laut den beiden Experten jedoch nur ein recht schwaches Aufwärtsmomentum zu erwarten.

Das "5.000-Dollar-Szenario"
Da die Finanzmärkte nach der US-Präsidentenwahl eine grundlegend neue Einschätzung für die nächsten Jahre vorgenommen haben, präsentieren die Autoren in ihrer Studie verschiedene Szenarien für den Goldpreis. Diese erstrecken sich zeitlich auf die Amtszeit des derzeitigen US-Präsidenten Donald Trump, die regulär Anfang 2021 endet. Aus ihrer Sicht sind für die Goldpreisentwicklung die Dynamik des BIP-Wachstums sowie der weitere Verlauf der geldpolitischen Normalisierung in den USA entscheidend.

Für am wahrscheinlichsten halten die beiden Studienautoren, dass eines der vier genannten Ereignisse  – US-Rezession, Überschuldungskrise, De-Dollarization, Schwarzer Schwan –tatsächlich eintritt. Vor allem eine Rezession und/oder eine deutliche US-Dollar-Abwertung infolge der De-Dollarization würden den Goldpreis in die Höhe schnellen lassen. Veränderungen der globalen Währungsarchitektur seien als Konsequenz einer US-Rezession nicht auszuschließen. "In diesem Umfeld ist mit einer signifikanten Aufwertung des Goldpreises zu rechnen. Möglich erscheinen Goldpreise zwischen 1.800 und 5.000 US-Dollar", so das Fazit. (aa)