Michael Hasenstab, Starfondsmanager in Diensten von Franklin Templeton, hat eindringlich vor schweren Verwerfungen an den Finanzmärkten gewarnt, die von steigenden Renditen von US-Staatsanleihen ausgelöst werden können. "In den USA ziehen derzeit gleich vier Hurrikane auf", sagte er auf dem Fund Forum International in Berlin.

Der erste Wirbelsturm geht seiner Meinung nach von der US-Notenbank Fed aus, die damit begonnen hat, ihre Geldpolitik zu normalisieren. Die Zentralbank hatte nach der Finanzkrise für vier Billionen Dollar US-Staatsanleihen aufgekauft. Nun hat sie angefangen, ihre Bilanz zu schrumpfen und die Zinsen zu erhöhen. "Es wäre naiv, zu glauben, dass dieser Vorgang keine Auswirkungen auf die Märkte hat", so Hasenstab. Er erwartet deutlich steigende Renditen für US-Treasuries. "Die Maßnahmen der Fed hatten das Ziel, die Rendite der Staatsanleihen zu drücken – was geglückt ist. Darum ist klar, dass die Rückabwicklung den gegenteiligen Effekt haben wird."

"Gigantisches Haushaltsdefizit"
Doch nicht nur die Geldpolitik der Fed führt zu steigenden Zinsen und entsprechend fallenden Anleihekursen, ist Hasenstab überzeugt. "Trumps Steuerreform wird für ein gigantisches Haushaltsdefizit sorgen, das zusätzlich finanziert werden muss", betont er. Das ist sein zweiter Hurrikan.

Der dritte Sturm: die Inflation. Der lange Wirtschaftsboom in den USA hat zu einem Mangel an Arbeitskräften geführt, der steigende Löhne und damit Inflationsdruck zur Folge hat. "Zu dieser zyklischen Inflation kommt eine strukturelle Komponente hinzu", sagt Hasenstab. "Trump macht die Grenze zu Mexiko dicht. Die Arbeiter fehlen überall – in der Landwirtschaft, auf dem Bau, im Gesundheitswesen."

Short-Positionen als größte Fonds-Position
Hurrikan Nummer vier ist Hasenstab zufolge die Deregulierungs-Offensive des US-Präsidenten, etwa mit Blick auf Umweltauflagen und die Finanzindustrie. Die US-Konjunktur läuft ohnehin schon hervorragend. Jetzt, am Ende des Zyklus, sind diese zusätzlichen Stimuli nicht gut." Die Wirtschaft bekomme einen "letzten Push". Der zwangsläufig folgende Absturz falle dann umso heftiger aus, so Hasenstab.

Mit Blick auf dieses Szenario erwartet der Manager mehrerer milliardenschwerer Fonds einen "perfekten Sturm". Konsequenterweise sind Short-Positionen auf zehn- und 30-jährige US-Treasuries derzeit die größte Position in seinen Fonds.

Neue Euro-Krise voraus?
Auch in Europa sieht Hasenstab derzeit vor allem Risiken. "Wenn die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen über 3,5 Prozent steigen, wäre das für Italien nicht mehr tragbar", sagt Hasenstab – und erinnert daran, dass dieses Niveau an einzelnen Tagen in den vergangenen turbulenten Wochen der Regierungsbildung schon erreicht worden war. Eine neuerliche Euro-Krise wäre deutlich schwieriger zu lösen als die jüngste, als Griechenland den Währungsraum ins Chaos zu stürzen drohte. Hasenstab verweist unter anderem auf den Aufschwung der populistischen Parteien in ganz Europa. "Deutschland würde Italien nicht so ohne Weiteres retten, wie es damals bei Griechenland passiert ist", sagt er.

Seine Investments in Europa hat Hasenstab inzwischen veräußert – wenn überhaupt, geht er Short-Positionen ein. Sein Heil sucht er unterdessen in den Schwellenländern. Die stünden deutlich besser da als die westlichen Industriestaaten. (bm)