Die Normalisierung der Geldpolitik durch die US-Notenbank (Fed) sorgt auf den Finanzmärkten weiterhin für Verunsicherung. "Die US-Notenbank hat die heikle Aufgabe, die geldpolitische Unterstützung der Wirtschaft zu reduzieren ohne die Konjunktur zum Absturz zu bringen, und gleichzeitig ein Zinsniveau zu finden, das die Inflationsrisiken im Zaum hält. Bei einem weltweiten Schuldenberg von inzwischen 60 Billionen US-Dollar ist dies ein Balanceakt. Das Risiko, dass Börse und Wirtschaft abstürzen könnten, schwingt immer mit“, erläutert Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege beim Fondsanbieter J.P. Morgan AM.

Auch das Ausland schaue mit einer gewissen Besorgnis auf die Fed, denn die Verschuldung in US-Dollar außerhalb der USA habe sich seit 2000 fast verfünffacht. Insgesamt sind gefährliche 90 Prozent der ausstehenden Schulden in US-Dollar denominiert.

Bislang alles beherrschbar
Die niedrigen Zinsen der vergangenen Jahre haben dieses Problem halbwegs kalkulierbar gemacht. Aber "sechs Leitzinserhöhungen der Federal Reserve seit Dezember 2015, dazu der monatliche Abbau des Staatsanleihebestands von aktuell 30 Milliarden US-Dollar und der jüngste Renditeanstieg der 10-jährigen US-Staatsanleihen auf über drei Prozent haben die Märkte verunsichert", erklärt Galler.

Immer wieder tauche deshalb die Frage auf, ob die US-Wirtschaft eine derart restriktive Geldpolitik verkraften kann, und ab wann die hohen Zinsen ein Problem für den Aktienmarkt werden. "Die Erfahrung seit den 80er Jahren ist, dass steigende Anleihenrenditen mit steigenden Aktienerträgen verbunden sind, solange die Rendite der 2-jährgen US-Staatsanleihen unter 3,7 Prozent liegt“, erklärt Galler. "Nach diesem Maßstab sind wir heute mit einer Rendite von 2,5 Prozent noch ein gutes Stück vom kritischen Bereich entfernt.“

Der Experte weiter: „Nach dem signifikanten Anstieg der US-Dollar-Verbindlichkeiten in den vergangenen Jahren ist es jedoch wahrscheinlich, dass die kritische Zinsschwelle in diesem Zyklus wohl etwas niedriger ausfällt als in der Vergangenheit, wenn auch höher als der aktuelle Zins.“ (hw)