In der deutschen Immobilienwirtschaft herrscht Krisenstimmung. "Die Herbstbefragung 2022 im Rahmen des ZIA-IW-Immobilienstimmungsindex (ISI) verdeutlicht eine große Anspannung der Immobilienunternehmen", zitiert das "Handelsblatt" aus einem Gutachten des in Köln ansässigen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) für den Branchenverband ZIA, das der Zeitung vorliegt. "Die Zahlen zeigen, dass die guten Zeiten endgültig vorbei sind", ergänzt IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer, der auch Mitautor der Studie ist, für die Manager von rund 1.200 Immobilienunternehmen befragt wurden. "Es steht ein schwieriger Winter an, in dem sich möglicherweise die Spreu vom Weizen trennt."

Demnach hat sich die Stimmung der gesamten Branche im Vergleich zum Vorquartal zwar etwas aufgehellt. Der vom IW errechnete Immobilienstimmungsindex bleibe aber mit einem Wert von 0,3 Punkten auf niedrigem Niveau. Im zweiten Quartal war er mit minus 5,5 Punkten erstmals seit der Auflage 2014 sogar ins Negative gerutscht. Gegenüber dem Vorquartal werde insbesondere die Lage der Unternehmen deutlich schlechter eingeschätzt: Der Wert für diesen Bereich beträgt nur noch 21,8 Punkte – noch vor einem Jahr lag dieser Wert bei 71,7, so das "Handelsblatt" weiter. 

Schlimmerer Einbruch als durch Corona
Der aktuelle Einbruch sei deutlich stärker als während des Höhepunkts der Corona-Pandemie, darüber hinaus sei die Erholung deutlich geringer ausgefallen, analysieren die IW-Experten laut Zeitung. Die Unternehmen rechneten also mit einer nachhaltigeren Belastung ihrer Geschäftslage als nach dem "Corona-Schock". Grund für die pessimistische Stimmung ist, dass die Unternehmen zunehmend die Auswirkungen gestiegener Finanzierungskosten und höherer Energiepreise spüren. 

Besonders stark habe sich die Lageeinschätzung bei Büroinvestoren und Projektentwicklern eingetrübt. Gegen den Trend hätten sich zudem die Erwartungen im Handelssegment verschlechtert. Die Manager erwarten hier, dass sich eine Kombination aus Inflation und Reallohnsenkungen negativ auf die Umsatzentwicklung auswirken werde, was auch die Attraktivität von Flächen reduzieren könnte. Hinzu komme, dass die Flächennutzung mit hohen Energiekosten für die Anbieter verbunden sei, was wiederum zu einer weiteren Verlagerung des Handels in den Online-Markt beitragen könne.

Stimmung bei Wohn-Immobilien hat sich gebessert
Auch im Bereich der Wohnungen ist das Immobilienklima mit minus 2,4 Punkten negativ. Allerdings habe sich die Stimmung gegenüber dem Vorquartal deutlich gebessert, nur noch 42,9 Prozent der Unternehmen gingen von einer schlechteren Geschäftslage in den nächsten zwölf Monaten aus, im Vorquartal waren es noch zwei Drittel. Entsprechend sei der Erwartungswert, der beschreibt, wie die Firmen auf die nächsten Monate blicken, zwar negativ, aber im Vergleich zum Vorquartal habe er sich um 30,7 Punkte auf minus 27,4 verbessert. (jb)