Die japanische Wirtschaft erholt sich allmählich von dem Rückschlag, den ihr die Mehrwertsteuererhöhung im April 2014 versetzt hatte. Im ersten Quartal dieses Jahres ist die japanische Wirtschaft um rund ein Prozent gewachsen. Wesentlicher Treiber sei die inländische Nachfrage, die sich auch aufgrund der guten Beschäftigungssituation solide entwickle, sagt Martin Moryson, Chefvolkswirt von Sal. Oppenheim. "Allerdings stammt auch ein Teil des Wachstums aus dem Lageraufbau und dürfte daher vorübergehender Natur sein." Jüngste Zahlen deuteten darauf hin, dass die Unternehmensstimmung zuletzt etwas verbessert habe, vor allem bei den großen Industrieunternehmen. "Dies zeigt sich auch in einer langsam zunehmenden Investitionsneigung", so Moryson. "Der Export bleibt allerdings hinter den Erwartungen zurück."

Langfristig stehe Japans Wirtschaft aber noch immer vor großen Herausforderungen. Mit einer Staatsverschuldung von rund 240 Prozent des Bruttoinlandsprodukts führt Japan die internationale Statistik an. Verschärft wird dieses Problem durch die anhaltende Deflation und den demografischen Wandel. Premier Shinzo Abe versucht mit seiner Drei-Pfeile-Strategie, die Deflation zu beenden. Er berücksichtige allerdings den dritten Pfeil, die Strukturreformen, nicht in ausreichendem Maße, kritisiert Moryson. Die OECD empfiehlt vor allem Reformen, die darauf abzielen, das Absinken des Arbeitskräftepotenzials zu verlangsamen, etwa durch Anreize für die Zuwanderung.

Keine weitere geldpolitische Lockerung
Die Bank of Japan unterstützt die Anti-Deflations-Politik von Abe nach Kräften: Mit ihren Maßnahmen liegt sie im Plan ihrer angekündigten ultralockeren Geldpolitik. "Gleichwohl entfaltet diese noch nicht die gewünschte Wirkung", gibt Moryson zu bedenken. Die Inflationsrate sei zwar vorübergehend gestiegen, verstärkt durch die Mehrwertsteuererhöhung 2014. Inzwischen sei sie aber wieder auf die Nulllinie zurückgefallen. "Zwar wurde die von Abe intendierte Schwächung des Yen erreicht, der Ölpreisrückgang hat aber die importierte Inflation im Grunde neutralisiert", so der Volkswirt. Trotzdem erscheine eine weitere Lockerung der Geldpolitik derzeit unwahrscheinlich, zumal ein Teil des Inflationsrückgangs auf Energiepreisschwankungen zurückzuführen sei.

Höhere Dividenden in Sicht
Für Aktionäre gibt es allerdings auch gute Nachrichten aus Japan. Im laufenden Jahr tritt etwa ein neuer Corporate-Governance-Kodex in Kraft. Dieser wird nach Einschätzung von Klaus Martini, Geschäftsführer von Plückthun Asset Management in München, zu höheren Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufen führen und somit die Erträge der Aktionäre steigern.

"Zusätzlich wird damit begonnen, die Unternehmensverflechtungen aufzulösen", sagt Martini. Das werde die Börse mit höheren Unternehmensbewertungen honorieren. "Die Kurse japanischer Aktien sollten in den kommenden Jahren von diesen Entwicklungen profitieren", so der Anlageexperte. (fp)