Trump sei Dank: Viele Beobachter gehen von einem rasanten Wirtschaftsaufschwung in den USA aus, hervorgerufen durch das ehrgeizige Konjunkturprogramm des designierten US-Präsidenten. Jens Ehrhardt hält dagegen: "Die erwartete Wirkung der höheren Infrastrukturmaßnahmen wird erst 2018 eintreten", so der renommierte Manager des FMM Funds. Hinzu kommt: "Die US-Arbeitslosenquote im Baugewerbe ist bereits stark gesunken, so dass wenig freie Kapazitäten und ein langer Planungszeitraum eine schnelle konjunkturstimulierende Wirkung erschweren", gibt Ehrhardt zu Bedenken. Sollte die US-Konjunktur enttäuschen, seien sogar neue Quantitative Easing-Aktionen möglich.

Generell dürften sich 2017 mit moderat steigenden Zinsen eher defensive Aktien aus dem Value-Bereich besser entwickeln als die in der Vergangenheit favorisierten, bereits hoch bewerteten Wachstumsaktien, ist Ehrhardt überzeugt. "Einmal im Hinblick auf unerfüllte Zinssteigerungserwartungen, andererseits wegen enttäuschender Konjunkturentwicklungen".

Teuerungseffekt wird überschätzt 
Insgesamt dürften die Inflationserwartungen zu hoch angesetzt sein. Ehrhardt: "Es ist durchaus denkbar, dass bei einem Anstieg der amerikanischen langfristigen Zinsen bei 30-jährigen Staatsanleihen auf vier Prozent auch andere Anleihen wieder interessant werden. Die Fed dürfte die Zinsen voraussichtlich nicht, wie allgemein erwartet, dreimal im kommenden Jahr anheben, sondern konjunkturell bedingt vorsichtiger agieren."

Hinzu komme ein personeller Aspekt: Der neue Präsident Trump könne die Zentralbank vor Februar 2018 nicht gänzlich neu besetzen. Vor diesem Hintergrund dürfte die Fed konjunkturunterstützend agieren. Auch Trump als Immobilien-Fachmann habe letztlich kein Interesse, die Zinsen überraschend hochzusetzen. Um Infrastrukturinvestments, Entschuldung und Reindustrialisierung der USA finanzierbarer zu machen, wären negative Realzinsen bei positiven Nominalzinsen das beste Szenario für Trump, so Ehrhardt. 

Prognose für Europa schwierig
Denkbar sei außerdem, dass die Euro-Probleme via Italien und Frankreich 2017 zunehmen werden, sodass der Euro seinerseits unter Druck kommen könnte und auch Negativszenarien wie eine Aufspaltung der Eurozone wieder gegenwärtig werden könnten. Zwar würde ein Auseinanderbrechen des Euros Europa langfristig im Wirtschaftswachstum helfen, kurzfristig aber erhebliche Turbulenzen auslösen, was die Aktienmärkte negativ beeinflusst. Die Entwicklung in Europa sei deshalb am schwierigsten vorauszusagen.

Positiv sei laut Ehrhardt aus markttechnischer Sicht zu werten, dass die europäischen Anleger stark in Anleihefonds geflohen und am Aktienmarkt deutlich unterrepräsentiert sind – "eine Entwicklung, die auch in den USA seit Jahren zu beobachten ist", führt Ehrhardt aus. Gerade internationale Investoren machten vor dem Hintergrund der politischen Unsicherheiten derzeit noch einen Bogen um Europa.

Es sei aber denkbar, dass die Anlageregion Europa im Jahr 2017 von einem weltweiten Trend hin zur Aktie aufgrund ihrer besseren Rendite sowie höheren Substanz besonders profitieren und der Euro Stoxx 50 nach einer zehnjährigen Underperformance auch relativ Boden gut macht könnte. "Erste Anzeichen dafür sind, dass eigentlich schlechte Nachrichten – wie das Italien-Referendum – vom Markt ignoriert werden", sagt Ehrhardt.

Jan Ehrhardt (Bild links) als stellvertretender Vorstandsvorsitzender der DJE Kapital meint, dass Trump sich zwar auf eine Mehrheit in beiden Häusern des US-Parlaments stützen könne, aber viele seiner Vorschlägevon den konservativen Abgeordneten keineswegs durchgewunken werden dürften. Staatsverschuldung sei unter Demokraten in der Regel leichter zu akzeptieren als unter Republikanern."Positiv wirken könnte die diskutierte Steuerermäßigung auf Auslandsguthaben der amerikanischen Unternehmen. Dies könnte die Aktienrückkäufe stimulieren und damit der Wall Street Rückenwind geben", so Jan Ehrhardt.

Japan auf dem richtigen Weg
In Asien ließen sich im Jahr 2016 selektiv sehr gute Kursgewinne erzielen. Auch 2017 versprächen relativ niedrige Bewertungen und stellenweise gutes Gewinnwachstum überdurchschnittliche Chancen im Vergleich zu den USA und Europa. Die Bank of Japan dürfte im Hinblick auf fehlende Inflationssteigerungen bei ihrer stimulierenden Politik bleiben.

Jan Ehrhardt: "Denkbar ist, dass von dort vermehrt Aktien aufgekauft werden, was eine positive Geldmengenentwicklung genauso wie beim Anleihekauf nach sich zieht. Japanische Unternehmen haben weltweit die geringste Verschuldung, die höchsten Barreserven und verfügen über sehr wachstumsstarke Tochtergesellschaften in Asien, in die in den vergangenen Jahren erheblich investiert wurde. Japan hängt damit stark von der Währungsentwicklung ab. Es ist denkbar, dass die Schwäche des Yen aufgrund der Notenbank-Politik anhält und damit die Unternehmensgewinne sowie die Aktienkurse begünstigt."

China als Top-Pick
China indes wurde am Jahresanfang 2016 im Hinblick auf die Konjunkturentwicklung sehr negativ gesehen. Tatsächlich wachse zwar die öffentliche Verschuldung sehr stark, die ähnlich wie in Japan aber gut von der Notenbank gesteuert werden könne. "Hingegen liegt die private Verschuldung lediglich bei der Hälfte der US-Privatverschuldung", so jan Ehrhardt. Auf Unternehmensebene sseien die staatlichen chinesischen Unternehmen hoch verschuldet, was genauso wie die Staatsverschuldung in Japan aber letztlich kein Problem darstellen sollte, da die Notenbank hier immer steuernd eingreifen kann.

Es sei also durchaus realistisch, dass China weiter ein Wachstumsmarkt bleibe, so Jan Ehrhardt. Zudem sollte die Abwertung des Renmimbi den chinesischen Export begünstigen. China und Hongkong könnten ähnlich wie im Jahresverlauf 2016 wieder interessante Märkte sein. "Besonders in Hongkong liegen die Aktienbewertungen im internationalen Vergleich niedrig", gibt Jens Ehrhardts Sohn zu bedenken. (kb/ps)