Als hätte er bereits bei seinem Jahresausblick Mitte Dezember vergangenen Jahres regelrecht geahnt, was Jerome Powell, Chef der amerikanischen Notenbank, Ende Januar dann tatsächlich vollzogen hat. "Die Fed muss von der Bremse gehen", lautete damals eine von Ehrhardts zentralen Forderungen. Und genauso kam es dann ja auch prompt: Mit seinen Äußerungen vom 30. Januar signalisierte Powell quasi eine 180-Grad-Wende nicht nur in Bezug auf die Zinspolitik, sondern auch was den Abbau der aufgeblähten Fed-Bilanz und einen dadurch zu erwartenden Entzug von Liquidität betrifft. Entsprechend zufrieden zeigte sich Ehrhardt im Video-Interview auf dem FONDS professionell KONGRESS mit dem neuen Kurs der Fed: "Fehlende Liquidität ist immer schlecht für die Börse."

Einzig die in der Regel mit monetären Maßnahmen von Notenbanken verbundene Zeitverzögerung macht Ehrhardt Sorgen. "Wenn die Geldpolitik lockert oder bremst, dauert es rund ein halbes Jahr, bis solche Entscheidungen jeweils ihren Niederschlag an der Börse finden", so Ehrhardt. Von daher müsse man abwarten, ob die nun zurückliegende Bremspolitik der Fed sich eventuell zunächst negativ auf die Börsenentwicklung auswirken werde, bevor durchaus vorhandene positive Aspekte die Oberhand gewinnen könnten. Solche sieht Ehrhardt nicht nur in den anstehenden Maßnahmen zur Stimulierung der Konjunktur in China, auch Europa komme um Stimulierungsschritte nicht herum.

Defensive Aktien als Ersatz für Anleihen
Auch wenn damit die Risiken etwas zurückgegangen seien, dürfe man die Fülle an Herausforderungen, vor denen die Börsianer stehen, nicht unterschätzen. Dazu zählt Ehrhardt nicht nur die erwähnte Zeitverzögerung bezüglich der Wirkung der US-Notenbankpolitik, sondern auch die Auswirkungen des anstehenden Brexit und einer noch ausstehenden Einigung im Handelsstreit zwischen China und USA. Von daher rät Ehrhardt, nun nicht gleich wieder mit Vollgas in den Aktienmarkt zurückzukehren, sondern eher ein Gutteil des Portfolios in defensiven Branchen wie Versorgern, Telekom oder Nahrungsmitteln zu halten. "Defensive Aktien haben angesichts der immer noch extrem niedrigen Zinsen die Rolle übernommen, die früher Anleihen zukam", so Ehrhardt.

Einem potenziell schwächeren US-Dollar kann Ehrhardt Positives abgewinnen. Deutsche Exportunternehmen, für die das eigentlich eine ungünstige Entwicklung darstelle, seien in der Regel auf ein Jahr im Voraus gegen solche Währungsschwankungen abgesichert. Und für die Weltwirtschaft insgesamt und die Konjunktur der Schwellenländer im Speziellen sei eine schwächere US-Währung eher ein positives Zeichen. (hh)