Im nächsten Jahrzehnt erscheint dem Börsenguru Rogers ein Börsencrash fast unausweichlich. Dabei gehe es um das nackte Überleben, sagte der Rohstoff-Experte in einem Interview in der neuesten Ausgabe des "In Gold We Trust"-Reports, der von Ronald Stöferle und Mark Valek herausgegeben wird. Jason Nutter hatte das Exklusivinterview bei Jim Rogers zu Hause in Singapur durchgeführt.

Rogers sieht schwere Probleme in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten: "In der Geschichte gab es immer wieder lange Perioden, in denen es sehr gut an den Finanzmärkten lief, aber auch solche, wo man am besten nicht dabei gewesen sein sollte." Nun stehe man nach vier Jahrzehnten vor einer solchen Zeitenwende.

2008 habe es die Finanz- und Wirtschaftskrise wegen der hohen Verschuldung gegeben, doch sei diese in den letzten zehn Jahren weiter in die Höhe geschossen. Über Austerität sei viel geredet worden: "Doch umgesetzt wurde sie nirgendwo, China hat sich von einem Null-Schuldenstand nun auch zu einer verschuldeten Nation entwickelt. Das sollte uns Angst machen."

Warum stürzt sich China in Schulden?
Das stellt auch Jim Rogers vor ein Rätsel. "Warum eine Kultur, in der traditionell der Spargedanke sehr stark verankert war, derart große Schulden angehäuft hat, ist mir unerklärlich. Vielleicht war es die plötzliche Verfügbarkeit von Kredit, die die Leute blendete und ihnen das Gefühl gab, damit laufe alle leichter. Das tut es aber nur, wenn man die Konsequenzen seines Handels nicht in der vollen Tragweite versteht."

Wer im Kaptalismus aufgewachsen sei, verstehe die Zyklik des Kreditgeschäfts und die harten Zeiten, durch die man gehen müsse, um die Blase zu bereinigen. Viele endeten im Bankrott, doch dieses Wissen sei in China heute nicht vorhanden. Die Ur-Ur-Großeltern der heute lebenden Chinesen hätten darum allerdings gewusst.

Rogers gab im Interview zu bedenken, dass China das einzige Land der Welt ist, das zum Unterschied von Großbritannien, Rom und Ägypten drei- oder viermal an der Weltspitze stand und sich somit immer wieder neu erfand. Nach schweren Schlägen ist China immer wieder den Weg nach oben angetreten. In Mandarin gibt es ein Wort, das keine Entsprechung in den westlichen Sprachen besitzt: weiji. Es bedeutet, dass ein Desaster eine Gelegenheit darstellen kann, und umgekehrt eine Gelegenheit ein Desaster sein kann. Jim Rogers gefällt dieser Ansatz. Er könnte den Chinesen helfen, sich nach einem Crash wieder zu erholen.

Ohne Gold wird es nicht gehen
Rogers, der in Harvard Geschichte studierte, rät dazu, Edelmetalle wie Gold und Silber als Crashvorsorge zu besitzen, wenn das Fiat-Money-Geldsystem kollabiert. Gold sei zwar kein Allheilmittel und könne lange Zeit auf der Stelle treten, und es gebe Durststrecken, wo man damit nicht nur nichts verdiene, sondern sogar verliere. Wenn man kein exzellentes Timing besitze, werde man mit Gold nicht reich.

Hat man aber ein gutes Timing, wird man auf der sicheren Seite sein, wenn alles Andere kollabiert. Jeder sollte Gold als eine Art Versicherung besitzen. Silber habe den Vorteil, historisch sogar länger als Gold als Zahlungsmittel geschätzt worden zu sein. Zudem sei es wesentlich billiger und eigne sich für Einkäufe von Alltagsgütern in Krisenzeiten, denn Wechselgeld gebe  es in diesen Zeiten nicht.

Kauf bei 1.000 US-Dollar je Unze
Jim Rogers hofft, schlau genug zu sein, Gold aufzustocken, wenn dessen Preis in einem Sell-Off unter 1.000 US-Dollar je Unze fällt. Er sei sich aber nicht sicher, ob Gold diese Preisniveau jemals wieder erreiche.

Was Rohstoffe generell betreffe, sei er optimistisch in Bezug auf landwirtschaftliche Güter. Der durchschnittliche US-Farmer sei 58 Jahre alt, ein japanischer Farmer im Schnitt gar 66 Jahre. In Amerika studierten mehr Leute Public Relations als Landwirtschaft. Und hier kommt für Rogers wieder weiji ins Spiel: das Desaster als Chance. Bei der Jagd nach Rendite solle man sehr vorsichtig sein, russische Anleihen, selektiv ausgewählt, finden ebenfalls Gnade vor Rogers Investmentauge. (kb)