Anleger und deren Berater fragen sich angesichts gut gelaufener Kurse bei Hochzinsanleihen, ob diese noch ein Investment wert sind, oder ob man besser auf eine Korrektur warten soll. Für zu teuer hält Martin Nybye, Leiter Unternehmensanleihen bei der dänischen Investmentboutique Jyske Capital, die globalen High-Yield-Märkte derzeit noch nicht. Dennoch sollten Renditesucher wählerischer werden.

Abgesehen von einigen Turbulenzen 2015/16 konnten Anleger in den vergangenen Jahren attraktive Gesamterträge mit Hochzinsanleihen erzielen. Dabei kam es nicht so
sehr auf die Auswahl der Einzeltitel an. Es reichte schon, einfach breit in dem Markt investiert zu sein. "Nach dieser starken Aufwärtsphase sind die Chancen eines simplen Marktinvestments begrenzt. Jetzt sind wieder die Fähigkeiten gefragt, Alpha zu erzielen“, erwartet Nybye, der auch Manager des Jyske Invest High Yield Corporate Bonds Fund  ist.

Vieles wird über einen Kamm geschoren
Die Renditestreuung im Markt sei derzeit sehr gering. Mit anderen Worten: Alle Unternehmen mit dem gleichen Kredit-Rating haben mehr oder weniger den gleichen Risikoaufschlag (Spread) gegenüber risikolosen Anlagen. "Eigentlich sollten die solideren Unternehmen sich günstiger finanzieren können und einen geringeren Spread haben. Dies ist zurzeit nicht der Fall“, erklärt Nybye. I

Investoren würden also nicht über den Risikoaufschlag belohnt, wenn sie Anleihen risikoreicher Unternehmen minderer Qualität kaufen. "Daher ist es jetzt besonders wertvoll, die guten Emittenten herauszufiltern“, betont Nybye.

Kein Grund zur Panik
Trotz der guten Entwicklung hält Nybye die globalen Hochzinsanleihemärkte noch nicht für überhitzt. "Die Risikoaufschläge sind enger als im historischen Durchschnitt. Da aber die Renditen der risikolosen Anleihen sehr niedrig sind, ist das relative Gewicht der Spread-Komponente so hoch wie noch nie“, sagt Nybye. Solange sich die Spreads nicht ausweiten, bestehe kein Grund zur Beunruhigung.

Und zurzeit sieht er keine Veranlassung für eine Ausweitung in den nächsten ein bis zwei Jahren: "Die Kreditqualität im Markt ist sehr gut, die Verschuldung gering und die Unternehmenserlöse sind hoch, sowohl in den USA als auch in Europa.“ Hinzu kommen als wichtigstes Argument die Unternehmensanleihe-Käufe der Europäischen Zentralbank (EZB). Zwar kauft sie keine Hochzinspapiere, dafür aber jede Woche im Schnitt Investmentgrade-Unternehmensanleihen für zwei Milliarden Euro. "Das wirkt sich auch auf den
High-Yield-Markt aus. Vor allem die Performance von Anleihen der Rating-Klassen BB und B hat deutlich positiv auf die EZB-Käufe reagiert“, sagt Nybye. Von einer potenziellen Reduzierung des Kaufvolumens sieht er keine allzu große Gefahr ausgehen, da er sicher ist, dass die Zentralbank sehr behutsam vorgehen wird, um starke Marktturbulenzen zu vermeiden.

Banken und Versicherer interessant
Grundsätzlich findet Nybye gute Unternehmen in allen Sektoren. Zurzeit ist der Jyske-Experte
beispielsweise besonders positiv für Banken und Versicherer gestimmt. "Der Ausblick für das globale Wirtschaftswachstum ist immer noch verhalten, daher werden Bankmanager nicht aggressiv in künftiges Wachstum investieren.

Aus makroökonomischer Perspektive und aus Sicht von Aktionären ist die fehlende Investitionsbereitschaft sicherlich weniger gut. "Für uns ist dies jedoch nahezu ideal. Denn es besteht kaum Gefahr, dass Fehler bei Investitionen gemacht werden, die Kreditqualität sollte stabil bleiben“, begründet Nybye abschließend. (aa)