Klaus Kaldemorgen hat in seinen 40 Jahren als Fondsmanager gute und schlechte Zeiten an den Kapitalmärkten erlebt. Im Moment sind die Zeiten definitiv nicht gut. Die aktuellen geopolitischen Krisen und der Klimawandel lassen seiner Ansicht nach kaum eine Erholung der Wirtschaft zu. Insbesondere eine weitere Steigerung der Energiepreise und damit eine höhere Inflation gefährden das Wachstum der Unternehmen und damit auch die Renditen für Anleger – und das längerfristig.

Ferner geht der Manager des DWS Concept Kaldemorgen davon aus, dass infolge der politischen Umwälzungen die Zeiten der ungebremsten Steigerung des Wohlstandes auf längere Sicht für alle vorbei sind, wie er in einem Interview mit dem "Handelsblatt" ausführt. Beide Entwicklungen haben fatale Folgen für Verbraucher.

"Wir kämpfen hier mit deutlich höheren Energiepreisen"
"Eine zweistellige Inflationsrate halte ich für unwahrscheinlich in den USA und in Europa. Aber wir müssen längerfristig mit einer höheren Inflationsrate von rund fünf Prozent rechnen", führt er in dem Gespräch mit der Wirtschaftszeitung aus. Hierbei sieht er übrigens die USA besser aufgestellt als Europa.

Auf dem alten Kontinent werde die Inflation höher liegen, erwartet Kaldemorgen. "Denn wir kämpfen hier mit deutlich höheren Energiepreisen. Und die Europäische Zentralbank (EZB) muss viel mehr Rücksicht auf die Staatsverschuldung der Eurozonen-Länder nehmen. Sie kann also nicht so angemessen und entschieden auf die Inflation reagieren, wie es die Fed macht", so seine Erklärung. Das wirke sich natürlich auf die Gewinnentwicklung der Unternehmen und damit die Aktienkurse aus.

"Mehr Handel mit stabileren Partnern"
Kaldemorgen treibt ferner die politische Entwicklung um. Er sieht eine neue Blockbildung unter den Staaten mit einem geschickt agierenden China, das darauf achte, dass Russland nicht zu mächtig wird, aber auch nicht zu sehr Richtung Europa rücke. Das habe weitreichende Folgen für Europas Wirtschaft und die Börsen.

"Die Globalisierung, von der wir lange profitiert haben und bei der China als Handelspartner in den Mittelpunkt gerückt ist, muss nun besser diversifiziert werden", mahnt er im Handelsblatt-Interview. "Wir werden mehr Handel mit stabileren Partnern treiben müssen in Europa und mit den USA, stärker in der Nähe produzieren, um diese Abhängigkeit von China zu reduzieren", so sein Rat.

"Die Zeit der billigen Waren ist jetzt vorbei"
Die Folge der jüngsten Entwicklungen laut Kaldemorgen: "Die Zeit der billigen Waren ist jetzt vorbei. Bis wir uns angepasst haben an eine veränderte Welt, wird uns eine Normalisierung mit Zinsen auf höherem Niveau und stärkerer Inflation begleiten. Das kann eine Dekade dauern."

Dies gepaart mit den Umwälzungen durch den Klimawandel bedeute für die Kapitalmärkte, dass Aktienanleger im Schnitt nur mit einer Rendite von fünf Prozent rechnen könnten, so die Erwartung des DWS-Urgesteins. Bei einer Inflation von erwarteten fünf Prozent bedeute das unter dem Strich eine Null für Anleger. "Mit einer Schmälerung unseres Wohlstands, wie wir sie aktuell erleben, sollte sich jeder anfreunden", lautet Kaldemorgens ernüchterndes Fazit. Seiner Einschätzung nach sollten alle froh sein, wenn sie ihren Besitz in der nächsten Zeit real erhalten könnten. (jb)