Die Ausgestaltung der EU-Richtlinie Mifid II sei für die Asset-Management-Branche derzeit das ganz große Thema. "Wir können noch nicht abschätzen, was die Regulierung des Vertriebs für Folgen für unsere Industrie haben wird", sagt Klaus Kaldemorgen im Gespräch mit den Fondsbeobachtern von Morningstar. "Jeder, mit dem Sie aus der Branche sprechen, tappt im Dunkeln, wie sich das Verhältnis zwischen Berater und Kunden gestalten wird", schildert Kaldemorgen.

Die Gretchenfrage, die alle beschäftigt, laute: Läuft es auf Honorarberatung heraus, oder bleibt es beim Provisionsmodell? Die Antwort auf diese Frage wird nach Kaldemorgens Überzeugung auch das Kräfteverhältnis zwischen aktivem und passivem Management entscheiden.

"Ruhige Hände" sind seltener
Was die zunehmende Schwankungsanfälligkeit an den Kapitalmärkten betrifft, sieht Kaldemorgen, Manager des nach ihm benannten DWS Concept Kaldemorgen, nicht nur die "üblichen Verdächtigen" als Verursacher – also die laxe Geldpolitik der Zentralbanken, die Schuldenorgien einiger südeuropäischer Staaten oder der angedrohte Ausstieg Großbritanniens aus der EU.

Seiner Ansicht nach sei der schleichende Rückzug der Privatanleger eine häufig übersehene Ursache. Privatanleger als kursstabilisierende Langfristinvestoren verlören an Bedeutung. Stattdessen würden die Märkte heutzutage von Pensionsfonds und anderen institutionellen Anlegern dominiert.

The trend is your only friend
"In der Vergangenheit gab es eine größere Meinungsvielfalt", erinnert sich Kaldemorgen. Heute hätten "Querdenker" einen schweren Stand. "Mit der zunehmenden Institutionalisierung der Märkte ist das Momentum zur favorisierten Anlagestrategie geworden. Es herrscht heute ein regelrechter Gleichklang an den Märkten,", sagt Kaldemorgen im Morningstar-Interview.

Alle nutzten dieselben Analyseinstrumente. Durch die ausgefeilten Tools bekämen Anleger mit Daten- und Informationsdiensten wie Bloomberg oder Reuters sowie Auswertungs-Werkzeugen wie Barra zwar bessere Einblicke in die Märkte. "Aber diese Systeme hat jeder, und deshalb kommen die meisten auch zu identischen Schlussfolgerungen. Dann laufen alle so lange mit dem Trend bis er kippt, und dann rennt alles schnell in die andere Richtung", erklärt Kaldemorgen die Häufung jäher Kursabstürze und ebenso rascher Gegenbewegungen "aus dem Nichts".

Eine echte "Contrarian"-Rolle nehme heute kaum noch jemand ein. "Ich habe das mit meinem Risikomanagement-Team analysiert, und wir sind zum Schluss gekommen, dass eine antizyklische Strategie ungleich riskanter ist als eine Momentum-Strategie". Querdenker-Taktiken könnten einem Investor das Leben schwer machen. "Wir gehen im Concept Kaldemorgen Contrarian-Trades nur sehr bewusst ein, und die dürfen dann auch nicht mehr als ein Drittel des Portfolios ausmachen. Fallende Messer sind einfach zu gefährlich."  (ps)