Bundesfinanzminister Christian Lindner bringt mit seiner Warnung vor möglichen Stützungskäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) bei französischen Staatsanleihen die Gemeinde der Währungshüter gegen sich auf. Bei der jährlichen EZB-Konferenz im portugiesischen Sintra bezeichneten manche Notenbanker es als "unnötig" oder "dämlich", die Rechtmäßigkeit von EZB-Hilfen öffentlich in Zweifel zu ziehen. Dies berichtet die Wirtschaftszeitung "Handelsblatt".

Lindner hatte bei einer Veranstaltung des Ifo-Instituts gesagt, dass er ein mögliches Eingreifen der EZB rechtlich prüfen lassen würde, sollte der Ausgang der französischen Parlamentswahlen einen massiven Ausverkauf von Staatsanleihen des Landes auslösen. Die überraschende Entscheidung von Präsident Emmanuel Macron, eine Neuwahl auszurufen, hatte Anleiheinvestoren verunsichert. Bei der ersten Runde verlor die Partei von Macron deutlich.

Aufgabe, Finanzkrisen zu verhindern
"Es gibt Grauzonen, und es ist Teil unserer Aufgabe, diese zu verwalten", sagte Belgiens Notenbankchef Pierre Wunsch dem "Handelsblatt". Im Notfall eine Finanzkrise zu verhindern, liege im Aufgabenbereich der EZB, so Wunsch. Zuvor hatte bereits das ehemalige EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi Lindners Einwurf kritisiert. "Ich finde das ziemlich schockierend", sagte der Italiener, der nun Verwaltungsratsvorsitzender der Großbank Société Générale ist, in einem Interview mit dem Finanznachrichtendienst "Bloomberg". (ert)