Die Europäische Zentralbank (EZB) ist weiterhin in großer Sorge angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung des Euro-Raums, vor allem im Hinblick auf eine Abschwächung des Wachstums und der Inflation: "Wir stehen bereit, alle unsere Instrumente einzusetzen – alle Instrumente!", zitiert die FAZ den EZB-Präsidenten Mario Draghi nach der jüngsten Sitzung des EZB-Rates am gestrigen Mittwoch (10. April). Eine Rezession halte man derzeit aber für wenig wahrscheinlich. 

Dem Kurs des Euro hat die Ankündigung erst einmal nicht geholfen, er verlor nach während Draghis Pressekonferenz gegenüber dem US-Dollar fast einen halben Cent. Analysten interpretierten die Worte des EZB-Chefs so, dass er die Türe nötigenfalls für eine nochmalige Lockerung der Geldpolitik öffne.

Die Leitzinsen werden auf dem rekordtiefen Level bleiben, und zwar bis mindestens Anfang 2020. "Um die Konjunktur der Euro-Zone ist es derzeit nicht gut bestellt. Kein Wunder also, dass die wirtschaftlichen Risiken laut der EZB nach unten gerichtet sind", sagt Thomas Gitzel, Chefökonom der Liechtensteiner VP Bank. "Mario Draghi ist deshalb in Lauerstellung und wird gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt reagieren." Ähnlich beurteilt Friedrich Heinemann vom ZEW-Institut die Lage: "Die EZB sieht sich mit wachsenden Risiken konfrontiert. Der chaotische Brexit-Prozess und die Rezession in Italien verschlechtern den Konjunkturausblick der Euro-Zone weiter. Noch dazu sind Inflationsrate und -erwartungen im Euro-Raum ins Rutschen gekommen. Damit rückt die Zinswende in weitere Ferne."

Spekulationen über spezielle Langfristkredite für Banken
Details zu den angekündigten Langfristkrediten für Banken (TLTROs) nannte Draghi keine. Über ein solches Programm wird spekuliert, weil die Banken unter den niedrigen Zinsen leiden. "Erneut scheint es, als sei die EZB einer Entlastung für Banken wegen des negativen Einlagesatzes grundsätzlich nicht abgeneigt", bemerkt Alexander Krüger, Chefvolkswirt beim Bankhaus Lampe. "Etwaige Maßnahmen stehen aber wohl erst an, wenn die EZB die Mindesthaltbarkeit des Leitzinsniveaus abermals und deutlich verlängert hat. Dass die EZB dieses Datum weiter strecken wird, ist wohl nur eine Frage der Zeit."

Auch Uwe Burkert hält solche Kredite für Banken für möglich: "Der Hinweis von Draghi, dass die EZB die Ausgestaltung der TLTRO-III-Serie auch von den möglichen Nebenwirkungen der negativen Leitzinsen abhängig machen will, zeigt, dass die EZB ernsthaft an einem Modell mit gestaffelten Einlagezinsen arbeitet", sagt der Chefökonom der LBBW, und fügt hinzu: "Der EZB-Präsident würde sonst nicht solche Erwartungen  – oder soll man sagen: Hoffnungen? – wecken."  (fp)