Der Wirecard-Skandal könnte Bewegung in die alteingesessene deutsche Indexlandschaft bringen. Die Anbieterin des Dax, die Deutsche Börse AG, denkt darüber nach, den Index grundlegend zu überarbeiten. Das wäre auch höchste Zeit, findet Marc Decker, Asset-Management-Leiter der Privatbank Merck Finck. "Der Dax ist kein repräsentatives Abbild der Leistungsstärke der deutschen Wirtschaft mehr", sagt er. Der Fokus auf Marktkapitalisierung und Börsenumsatz sei kritikwürdig, ebenso die Begrenzung auf nur 30 Unternehmen.

Ein generelles Problem für alle Indexanbieter in Deutschland ist, dass viele Hidden Champions gar nicht börsennotiert sind. Erschwerend kommt hinzu, dass immer weniger Unternehmen den Sprung aufs Börsenparkett wagen. "Andere treten sogar den Rückzug an, weil sie zum Beispiel den mit der Börsennotierung verbundenen Aufwand loswerden wollen", sagt Decker. Seine Diagnose: "Die Scheu vor dem Kapitalmarkt ist in Deutschland ein grundlegendes kulturelles Thema." Ist die Zahl der börsennotierten Unternehmen begrenzt, ist auch das Potenzial von Indexreformen überschaubar.

So könnte die Verjüngungskur aussehen
Dem Merck-Finck-Experten zufolge kann die Deutsche Börse bei einer Auffrischung des Dax allen Schwierigkeiten zum Trotz zumindest einige lohnenswerte Ansätze verfolgen. Ein erster Schritt wäre, mehr Unternehmen aufzunehmen, wie es etwa beim vergleichsweise neuen Nachhaltigkeitsindex Dax 50 ESG der Fall ist. Das Marktbarometer würde dann nicht mehr nur die Dickschiffe der Old Economy enthalten, urteilt Decker. "Aus Anlegersicht wäre ein solcher Schritt zu begrüßen."

Der Anlageexperte schlägt zudem vor, strengere Maßstäbe an die Governance der im Dax abgebildeten Firmen anzulegen. "Wenig halten wir dagegen von pauschalen Aussagen, wie zum Beispiel, der Dax müsse stärker auf Wachstumsaktien getrimmt werden", so Decker. Er betont: "Ein weltweit relevanter Börsenindex sollte nicht den schwankenden Präferenzen von Investoren hinterherlaufen." (fp)