Ein Jahr nach Ankündigung des Taperings in den USA sei der anfängliche Schock einer rationaleren Reaktion gewichen, sagt Sanjay Natarajan, Portfoliomanager beim Fondsanbieter MFS. Nun erwarteten die Märkte offenbar, dass der Konjunkturaufschwung ein moderates Zinserhöhungstempo rechtfertigen wird, was gut für US-Aktien wäre. In Europa werde immer mehr darüber spekuliert, dass die Europäische Zentralbank (EZB) mit unkonventionellen Maßnahmen die Inflationserwartungen anheizen könnte. Anleger sollten sich aber nicht darauf verlassen, dass die EZB auf diese Weise den Aktienmärkten Auftrieb gibt, warnt Natarajan. Sie sollten der Blick stattdessen weiter auf die Stärke des Aufschwungs und seine Auswirkung auf die Gewinnmargen richten.

Die Aktienbewertungen seien aktuell nicht überhöht. Es gebe zwar einzelne Überbewertungen, etwa bei Apps für soziale Netzwerke und Elektrofahrzeugen, aber diese befänden sich bereits wieder in einer Korrekturphase. Neue Technologien dürften bald keine Mehrerträge mehr liefern, weil Anleger zunehmend auf Substanzwerte setzten. Die Bewertungen entsprächen in den USA und Europa dem langfristigen Durchschnitt. Die Bewertungen dürften kaum weiter steigen, wenn die zukünftigen Gewinne nicht anziehen, sagt der MFS-Experte. Bemerkenswerterweise lägen die Ein-Jahres-Konsensprognosen für das Gewinnwachstum je Aktie in verschiedenen Märkten nach wie vor unter dem Zehnjahresdurchschnitt. Das deute darauf hin, dass die Gewinne Spielraum nach oben haben. Darüber hinaus dürften Unternehmen ihre Aktionäre weiter mit Aktienrückkäufen und Dividendenzahlungen pflegen, solange die Geldpolitik relativ locker bleibe.

Fokus auf Qualitätswerte
Unter den aktuellen Rahmenbedingungen mit maßvollen Zinserhöhungen, Gewinnsteigerungspotenzial und nicht zu hohen Bewertungen sei eine Sektorrotation denkbar, urteilt Natarajan. In einem solchen Umfeld entwickelten sich die zyklischen Sektoren Energie, Technologie und Industrie im Allgemeinen besser als die defensiven Sektoren Versorger, Telekommunikation und Konsum. "Nach der Small-Cap-Rallye im letzten Jahr haben wir in Betracht gezogen, unser Small-Cap-Engagement zu reduzieren und uns stärker auf Substanz- und Qualitätswerte zu konzentrieren", so der Portfoliomanager. Diese überstünden die Marktschwächen in der Regel vergleichsweise gut. (mb)