Die Zahl der Research-Analysten ist seit der Jahrtausendwende um gut ein Drittel geschrumpft. Derzeit gibt es deutschlandweit beispielsweise nur noch knapp 260 hauptberufliche "Marktbeobachter", zeigen Zahlen der Analystenvereinigung DVFA, die dem "Handelsblatt" vorliegen. Auch die Ausgaben für Aktienresearch sind laut DVFA-Daten zuletzt merklich geschrumpft. Vermögensverwalter haben ihre Brokerlisten seit Anfang 2018 von 30 Anbietern um 50 Prozent zusammengestrichen.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Umfrage des Investmentverbandes CFA Institute vom Februar. Darin gaben fast 60 Prozent der Abnehmer von Analysen an, weniger Studien von externen Anbietern zu beziehen als noch Anfang 2018. Gut die Hälfte der Befragten gab in der Umfrage zu Protokoll, dass auch die generelle Abdeckung an Themen schrumpft. So werden beispielsweise weniger Untersuchungen zu Nebenwerten in Auftrag gegeben als noch vor einigen Jahren. "Vermögensverwaltern fehlen so wichtige Informationsquellen, um Anlageentscheidungen treffen zu können“, warnt Hans-Walter Peters, Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB).

Handels- und Research-Kosten getrennt
Schuld an dem Rückgang ist dem "Handelsblatt" zufolge die neue EU-Richtlinie Mifid II, die seit 2018 in Kraft ist. Sie sieht vor, dass Vermögensverwalter nun Handelsgebühren und Research-Kosten getrennt ausweisen müssen. Früher floss den Analysten das Geld indirekt über Handelsaufträge zu. Die Folge: Viele Investoren überlegen sich heute zweimal, bei welchem Aktienbroker sie Analysen einkaufen oder sich zu Anlageentscheidungen beraten lassen. Seit dem Start von Mifid II haben größere Häuser mit mehr als 250 Milliarden Euro Kundenvermögen ihre Researchbudgets laut dem Berufsverband CFA Institute um rund ein Zehntel gekürzt. Bdb-Präsident Peters fordert nun den Gesetzgeber dazu auf, "dringend eine Auswirkungsanalyse durchzuführen und wenn nötig nachzusteuern."(fp)