Um zu beurteilen, welche Folgen ein Handelskrieg mit den USA für einzelne Länder hätte, muss man ihr Handelsbilanzsaldo in Relation zu ihrer Wirtschaftskraft setzen. Analysten von M.M.Warburg haben das getan. Ergebnis: Besonders kritisch ist die Lage für Mexiko, Kanada, die Schweiz, China – und Deutschland. Der deutsche Handelsbilanzüberschuss mit den USA in Höhe von 50,4 Milliarden Euro entsprach zuletzt einem Anteil von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Würde die Bundesrepublik gar keinen Handel mehr mit den Vereinigten Staaten treiben, würde ihr BIP also um 1,5 Prozentpunkte niedriger ausfallen.

Mehr als 70 Prozent der deutschen US-Exporte entfielen 2017 auf nur fünf Sektoren. Der mit Abstand wichtigste Exportartikel in die USA waren und sind deutsche Autos. Vom gesamten deutschen Handelsbilanzüberschuss mit den USA entfällt fast die Hälfte auf den Automobilsektor. "Kein Wunder, dass dies Trump ein besonderer Dorn im Auge ist", kommentieren die Analysten der Privatbank. "Von daher sollte die Einführung von Importzöllen auf Autos nicht als reine Drohkulisse abgetan werden."

Die Zeit der Bedächtigkeit ist vorbei
Wegen der immensen Bedeutung, den der US-Handel für die deutsche Wirtschaft hat, sollte die Politik nicht versuchen, das Problem auszusitzen, mahnt M.M.Warburg. Stattdessen sollte man der US-Regierung konkrete Lösungsvorschläge unterbreiten. So könnte man etwa vorschlagen, die Einfuhrzölle von zehn Prozent auf in den USA produzierte Autos komplett abzuschaffen.

Es bliebe abzuwarten, wie Trump auf einen solchen Abrüstungsvorschlag reagieren würde. Sieht er sich primär als Dealmaker, der hält, was er seinen Wählern versprochen hat, könnte er auf eine solche Idee eingehen. Geht es ihm dagegen um den Grundsatz "America first" und eine Weltordnung, die die bisherigen Verbündeten als Konkurrenten begreift, würde ihm ein solcher Vorschlag nicht ausreichen, er würde weitere Forderungen erheben. "Dann wüsste aber jeder, woran man bei ihm ist", kommentieren die Analysten. Ihr Fazit: Mit bedächtiger Politik kommt Europa im Umgang mit den USA jedenfalls nicht mehr weiter. (fp)