Eingefleischte Anhänger von Kryptowährungen gibt es zwar nach wie vor. Viele professionelle Fondsmanager sind aber der Meinung, dass die Argumente für digitale Devisen als Portfolio-Diversifizierer oder digitales Gold entkräftet wurden. Die Verluste seien zu groß und die Marktstruktur zu riskant, heißt es. "Es ist klar geworden, dass sie in der institutionellen Vermögensallokation keinen Platz finden werden", sagt Hani Redha, Multi-Asset-Portfoliomanager bei Pinebridge Investments in London. "Es gab eine Zeit, in der sie als eine potenzielle Anlageklasse betrachtet wurden, die jeder Investor in seiner strategischen Vermögensallokation haben sollte. Das ist jetzt völlig vom Tisch."

Die Implosionen und Skandale der vergangenen Monate, die in der Insolvenz von FTX.com am Freitag (11.11.) gipfelten, haben die Hauptargumente der Kryptobefürworter zunichte gemacht und die Vorstellung von Bitcoin als sicherem Hafen in turbulenten Zeiten nahezu zerstört. Keines dieser Ereignisse – vom Zusammenbruch von TerraUSD bis zum Konkurs von Celsius – war so vernichtend wie die Enthüllung, dass sogar FTX unsolide war. Die Börse galt in der Kryptobranche bis vor Kurzem als einer der renommiertesten Namen.

"Fragen über Lebensfähigkeit des Kryptoökosystems"
Der Zusammenbruch von FTX "wirft Fragen über die Lebensfähigkeit des Kryptoökosystems auf", sagt Salman Ahmed, Chef-Investmentstratege der Fondsgesellschaft Fidelity International, die von London aus 646 Milliarden Dollar verwaltet. "Es war schon immer schwierig, ein Argument für die Einbeziehung von Kryptowährungen zu finden. Jetzt ist das System aber noch mehr unter Druck geraten." Fidelity brachte im Februar ein börsengehandeltes Bitcoin-Produkt auf den Markt, das sich an professionelle europäische Anleger richtet. Es hat seit seiner Einführung etwa 55 Prozent verloren.

Noch vor einem Jahr war die Kryptomanie auf ihrem Höhepunkt und Bitcoin hatte die Marke von 67.000 Dollar überschritten. Im Januar schätzte Bridgewater, dass fünf Prozent der Bitcoins von institutionellen Anlegern gehalten wurden. Überschwängliche Vorhersagen waren damals überall zu hören. Der Stratege Nikolaos Panigirtzoglou von JP Morgan Chase & Co. schrieb, dass Bitcoin theoretisch langfristig 146.000 Dollar erreichen könnte, indem es Gold verdrängt. Eine Umfrage von PwC vom April ergab, dass 42 Prozent der Kryptohedgefonds vorhersagten, dass Bitcoin bis Ende 2022 bei 75.000 bis 100.000 Dollar notieren würde.

"Diversifizierungsargument ist tot"
Jetzt sind die Ansichten der Anleger zurückhaltender. Panigirtzoglou erklärte vorige Woche in einer Analyse, dass Bitcoin die Tiefststände des Sommers von 13.000 Dollar wieder erreichen könnte. Bitcoin wurde am Montagmittag für weniger als 17.000 Dollar gehandelt. "Das Argument, zur Diversifizierung in Kryptowährungen zu investieren, ist schon seit einiger Zeit tot", sagte er in einem Interview.

Bitcoin ist indessen schon vielfach abgestürzt und hat sich wieder erholt. Einige Verfechter der Digitalwährung sind der Meinung, dass die Hybris aus dem Markt herausgespült werden und die Branche schließlich reifen wird. Die Schwierigkeiten von FTX könnten etablierten Unternehmen mit einer Erfolgsbilanz im Risikomanagement wie Nasdaq Stock Market und CBOE Global Markets sogar zugute kommen, meint Analyst Mike Cyrys von Morgan Stanley.

"Zum Scheitern verurteilt"
Für Mark Dowding, Chief Investment Officer bei Bluebay Asset Management, ist das Argument, dass Bitcoin eine digitale Version von Gold werden könnte, nicht stichhaltig. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis noch mehr Investoren abspringen und die Kryptopreise wieder einbrechen. "Es hätte klar sein müssen, dass eine Branche, die nichts produziert, Geld verbrennt und verlockende Renditen bietet, zum Scheitern verurteilt ist", sagt Dowding. (Bloomberg/ohm)