Wenn es in einer Volkswirtschaft kriselt, erwarten Politiker und Investoren in der Regel ein hartes Durchgreifen der Zentralbanken. Auch in Europa fordern Marktbeobachter, dass die Währungshüter alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um die Konjunktur anzukurbeln. Doch die fehlende Nachfrage in Europa habe strukturelle Gründe, die die Europäische Zentralbank (EZB) alleine nicht lösen könne, sagt David Lafferty, Chefstratege bei Natixis IM. Deshalb dürfte die Notenbank die Erwartungen der Kapitalmärkte enttäuschen.

Die Notenbanker wissen das. Doch sie können nicht riskieren, dass es so aussieht, als würden sie das Handtuch schmeißen, weiß der Anlageprofi. Deshalb dürfte es auch zu einem weiteren geldpolitischen Stimulus kommen. "Die EZB wird wohl den Zinssatz für Bankeinlagen um weitere 10 bis 20 Basispunkte senken", prognostiziert Lafferty. Auch die Anleihenkäufe dürften die Notenbanker wieder aufnehmen, und zwar in einer Höhe von 25 bis 50 Milliarden Euro pro Monat. "Da nur noch wenige Vermögenswerte zu kaufen sind, gehen wir davon aus, dass auch diese Maßnahme eher am unteren Rand dieser Spanne liegen wird", sagt der Anlageprofi.

Druck auf die Euroländer steigt
Lafferty hält eine gewisse Zurückhaltung von Seiten der EZB für richtig. "Sie könnte die europäischen Kernstaaten zwischen, eine Expansion ihrer Fiskalpolitik ernster zu nehmen", sagt er. Bei bereits im negativen Bereich liegenden Zinsen sei die zusätzliche Emission von Anleihen praktisch kostenlos. Die Einnahmen könnten die Staaten auf Projekte zur Steigerung der langfristigen Produktivität ausrichten und so das QE-Programm unterstützen. Getreu dem Motto: Weitere lockere Geldpolitik, ja – aber mit mehr Druck auf die Länder der Eurozone, auch ihrerseits mehr zu tun. "Die EZB kann nicht länger der einzige im Spiel bleiben", sagt Lafferty. (fp)