Das Bundesverfassungsgericht hat den Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) am Dienstag (05. Mai) teilweise für verfassungswidrig erklärt. Bundesregierung und Bundestag hätten die EZB-Beschlüsse nicht geprüft und einfach durchgewunken, begründeten die Karlsruher Richter ihr Urteil. Damit stellten sie sich gegen eine vorherige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Dezember 2018, berichtet unter anderem das "Handelsblatt".

Das Verfahren sollte klären, ob die EZB mit ihrem Programm zum Ankauf von Staatsanleihen, dem sogenannten "Public Sector Purchase Programme" (PSPP), ihr Mandat überdehnt hat. Laut EU-Verträgen ist die EZB nämlich in erster Linie der Geldwertstabilität verpflichtet, nicht der Wirtschaftspolitik. Kritiker, zu denen unter anderen der frühere CSU-Politiker Peter Gauweiler und der ursprüngliche AfD-Gründer Bernd Lucke zählen, werfen der Zentralbank vor, unter dem Deckmantel der Geldpolitik die Verbindlichkeiten hochverschuldeter Euro-Staaten zu finanzieren. In diesem Punkt hatten die Verfassungsbeschwerden allerdings keinen Erfolg: Die Richter stellten keine verdeckte Staatsfinanzierung fest.

Beispielloses Rettungspaket
Die EZB hatte das Anleihekaufprogramm 2015 aufgelegt, um die Kapitalmärkte mit Geld zu versorgen und die Inflationsrate auf etwas unter zwei Prozent zu hieven. Erst vor wenigen Wochen weiteten die obersten Währungshüter ihre Anleihekäufe nochmal deutlich aus, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise abzufedern. Die aktuellen Hilfen der EZB zur Linderung der konjunkturellen Folgen der Pandemie waren indes nicht Gegenstand der Entscheidung. Bis Jahresende will die EZB weitere Anleihen in Höhe von 750 Milliarden Euro kaufen. Der EZB-Rat hat nun eine Frist von drei Monaten, seine Abwägungen der Verhältnismäßigkeit des Programms darzulegen

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine genaue Prüfung des Urteils angekündigt. Es sei von Bedeutung, weil es auf die Grenzen des Handelns der EZB eingehe, sagte die CDU-Politikerin am Dienstag in der Sitzung der Unions-Bundestagsfraktion nach Abgaben mehrerer Teilnehmer laut der Nachrichtenagentur Reuters. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht eine andere Position als die EZB bezogen.

Wie Ökonomen und Investmentprofis das spektakuläre Urteil einordnen und was ihrer Einschätzung nun daraus folgt, zeigt unsere Fotostrecke oben. (fp/ps)