Alle Jahre wieder kommen Top-Referenten und-entscheider der deutschen Fondsbranche beim Petersberger Treffen zusammen, zu dem die Fonds-Analysten von Drescher & Cie. regelmäßig einladen. Die diesjährige Konferenz stand unter dem Leitthema "antizyklisches Investieren".

Als Fazit formulierte Björn Drescher, Geschäftsführer von Drescher & Cie: "Viele Wege führen nach Rom". Es existiert nämlich eine Reihe von Investmentansätzen, die man mit Fug und Recht unter dem Oberbegriff "antizyklischen Investieren" einordnen kann. Diese haben vor allem gemeinsam, dass sie nicht den offenkundigen Börsen- oder Markttrends folgen. Die Vorträge und Podiumsdiskussionen beleuchteten einige wichtige Punkte, die Investoren in diesem Zusammenhang immer im Hinterkopf behalten sollten.

Makroökonomischer Ausblick
Die makroökonomischen Bedingungen für antizyklisches Investieren sind nach Ansicht von Hans-Jörg Naumer für das kommende Jahr jedenfalls gegeben. "Die Volatilitäten sollten 2017 steigen und es so zum Jahr der Antizyklik machen", so der Global Head of Capital Markets & Thematic Research bei Allianz Global Investors. Naumer verweist auf die geopolitische Lage, die Geldpolitik und die globale Konjunktur: Die politische Instabilität bleibe insgesamt hoch. Dafür sorge neben dem Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident eine Reihe bevorstehender Wahlen in Europa. In Bezug auf die Geldpolitik sei spannend, wie die US-Notenbank Fed auf Trump reagieren werde. In Europa bleibe es bei den Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank. Und die globale Konjunktur werde wohl anziehen, "aber ohne Schwung", so Naumer. Laurentius Harrer, Portfoliomanager Schwellenländeranleihen bei der Capital Group, ergänzte in diesem Zusammenhang, dass die Märkte für Schwellenländeranleihen sehr volatil sind und damit viele Chancen für antizyklisches Investieren bieten.

Verschiedene Wege nach Rom
Welche Wege gehen nun die Referenten? Keiner verfolgt einfach die Strategie, Assets billig zu kaufen und teuer zu verkaufen, was man zumeist unter antizyklischem Anlegen versteht. "Auf lange Sicht gilt es, Aktien zu finden, die im Vergleich zu ihren Fundamentaldaten billig sind", betont etwa David Blount von Eagle Asset Management und Co-Manager des Nordea 1 North American All Cap Fonds. Damit ist klar: Value-Investing gilt als eine Variante von antizyklischem Anlegen. Ähnlich beschreibt Dave Dudding seine Strategie: "Ich versuche, nicht der Herde hinterher zu laufen, sondern suche aussichtsreiche Firmen mit einem langfristig beständigen Geschäftsmodell", erklärt der Fondsmanager von Columbia Threadneedle seinen Stil.

Zu den beiden gesellt sich auch Olgerd Eichler: "Ich nehme einfach nur die besten Werte", kommentiert der Manager des Mainfirst Germany Fund. Mit anderen Worten: Eichler schaut überhaupt nicht auf einen Index und dessen Trend, er sucht einfach Aktien von Firmen, die in ihrem Bereich sehr gut positioniert sind. Vor allem mag er familiengeführte Unternehmen, weil das Management schon lange am Ruder ist und über entsprechende Erfahrung verfügt. Wichtig ist aber auch der Preis: Die Aktie sollte schon billig sein.

Der einzige Referent, der als "Contrarian" durchgehen könnte, war William Yuen, Associate Director Investments bei Invesco, der sich in seinem Vortrag für Anlagen in China stark machte. Der Experte betonte etwa, dass das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts stärker als von vielen gedacht auf dem Inlandskonsum und nicht auf dem Export von Waren beruhe. Hier sähen viele durch die mögliche protektionistische Politik Trumps Probleme für China. Auch auf einen anderen aus Querdenker-Sicht positiven Aspekt wies er hin: "Das Land hat ein Schuldenproblem, gar keine Frage", so Yuen. "Aber andere Länder, insbesondere Japan ,haben weitaus höhere Schulden!"

Konjunkturzyklen als Investitionsgrundlage
Dass antizyklisches Anlegen nicht nur meinen muss, "Kaufen, wenn die Kanonen donnern, verkaufen wenn die Violinen spielen", zeigte Harald Preißler auf. "Es gibt einen klaren und bewiesenen Zusammenhang zwischen Konjunkturzyklen und der Entwicklung von Zinsen", erläuterte der Chefvolkswirt, CIO und Leiter Anlagemanagement von Bantleon in seinem Vortrag. Dieser Zusammenhang bestehe auch bei Aktien: "Die Frage, ob Aktien teuer oder billig sind, ist nebensächlich . Die Konjunkturzyklen sagen einem, ob man den Aufschwung nutzen sollte oder nicht", so Preißler. Bei einem Bärenmarkt, so die logische Schlussfolgerung, bleibt man einfach außen vor. Wenn die Zinsen tief sind, müsse man eben in Anleihen mit langer Laufzeit investieren. Was sich in der Theorie einfach anhört, ist in der Praxis aber nicht so simpel umzusetzen. Preißler und sein Team bei Bantleon setzen selbst entwickelte Frühindikatoren ein, die ihnen rund sechs Monate im Voraus einen Fingerzeig für die Richtung geben, in die sich die Märkte entwickeln werden.

Vorsicht vor der Value Trap
Vor einer großen Herausforderungen stehen dabei – mit Ausnahme Preißlers – alle: Wie kann man billige Substanzwerte von Aktien unterscheiden, die einfach nur billig sind, weil sie von der Investorenmehrheit gemieden werden? Mit anderen Worten: Wie vermeidet ein Manager den sogenannten "Value Trap". Francois Gobron von Generali Investment nennt drei Faktoren, auf die man eine günstig zu habende Aktie abklopfen sollte. Sind es strukturelle, konjunkturelle oder "menschliche" Gründe, die sie billig machen? "Strukturelle Probleme, etwa die von Banken, sind sicher diejenigen, die am schwierigsten zu lösen sind", so Gobron. Dagegen bestehe immer die Chance, dass sich ein Wert, der wegen schlechten Entscheidungen des Managements am Boden liegt, nach einem Wechsel der Führung wieder aufstehen kann.

Starke Nerven
Einigkeit herrschte in den anschließenden Diskussionsrunden darüber, dass das Rebalancing eines Portfolios die bekannteste und vor allem einfachste antizyklische Strategie ist. Björn Drescher entlockte des Diskutanten aber noch andere wichtige Aspekte zum antizyklischen Investieren. Etwa, dass das Timing bei einem langfristigen Investment ohnehin nicht sehr wichtig ist. Vorausgesetzt, man findet einen Wert mit Substanz, dann sorgt schon alleine die Zeit für einen Anstieg. Wichtig sei auch, dass man einen antizyklischen Ansatz auch nicht ais Prinzip fahren sollte. "Man muss einen Wert, der sich gut entwickelt, auch eine Weile im Portfolio belassen. Verkauft man ihn, verliert man Rendite", fasste Blount es zusammen.

Die Referenten betonten in den Diskussionen ebenfalls, dass man auch gute Nerven haben muss. Wenn man seine Hausaufgaben gemacht hat und von dem Wert überzeugt ist, auch wenn er zwischenzeitlich stark verliert, dann muss man das auch kommunizieren. Ein Beispiel gab Hendrik Muhle von der Gané AG. In ihrem Acatis Gané Value Event ist die Aktie von Novo Nordisk trotz Kursverlusten die drittgrößte Position. Muhle und sein Partner Uwe Rathausky sind aber dennoch von den Renditezahlen überzeugt, so dass Muhle das Festhalten an diesen eloquent gegen kritische Nachfragen verteidigte. AGI-CIO Naumer wies auf einen letzten wichtigen Aspekt hin: "Man kann sich nur so lange gegen den Trend stellen, wie man Geld in der Kasse beziehungsweise im Portfolio hat." (jb)