Deutschland rutscht in puncto Wachstum und Standortqualität scheinbar unaufhaltsam ab: Während andere Länder ihr Potenzialwachstum durch gezielte Investitionen steigern, bleibt Deutschland zurück, warnt Ernst Konrad, leitender Portfoliomanager bei Eyb & Wallwitz. Für ihn liegt das auch daran, dass die deutsche Politik mehr über die Finanzierung von Maßnahmen diskutiert als über die Maßnahmen selbst. "So scheitern viele wichtige und wohlintendierte Maßnahmen an ewigen Debatten um deren Finanzierung", meint Konrad und fordert ein Umdenken: "Erst die Maßnahmen, dann die Finanzierung."

Gefahr für den deutschen Wohlstand
Vor allem die Unterfinanzierung der Infrastruktur schädigt seiner Meinung nach die Wachstumsaussichten und gefährdet den wirtschaftlichen Wohlstand in Deutschland. Denn gerade eine gute Infrastruktur sei ein Treiber für Unternehmen und ein wichtiges Kriterium für Fachkräfte. Doch die Angst vor Schulden, die sich auch in einem mangelnden Investitionswillen ausdrückt, schadet nach Ansicht des Portfoliomanagers dem deutschen Wohlstand langfristig.

"Unternehmen planen mit einem Zeithorizont von 30 Jahren, daher muss auch die öffentliche Hand langfristiger denken", sagt Konrad. Eine langfristige Planung sei auch in der Politik unerlässlich, um wichtige Infrastrukturprojekte unabhängig vom politischen Tagesgeschehen voranzutreiben. Er sagt: "Es braucht eine langfristige und wachstumsorientierte Politik mit Betonung auf investive Ausgaben statt reiner Transfers, die nur kurzfristige Härten abmildern und nicht nachhaltig zur Stärkung der Wirtschaft beitragen."

US-Investitionsförderung als Vorbild
Als Beispiel nennt er die USA, wo der Inflation Reduction Act die Investitionstätigkeit dauerhaft anschiebe. Um wirklich ein nachhaltig besseres Investitionsklima zu erreichen, brauche es auch in Deutschland schnellere Abschreibungsregelungen, verstärkte Co-Finanzierung statt reiner Subvention und ein unternehmerfreundliches Klima mit weniger Bürokratie und einer moderaten Steuerbelastung. Weitere Forderung: Statt isolierter Subventionen, wie bei der Chipindustrie, müsse ein breiteres Investitionsklima geschaffen werden, das digitale und analoge Infrastruktur gleichermaßen fördert.

Das eröffnet nach Einschätzung von Konrad auch Anlegern neue Perspektiven: "Unternehmen, die von einem Ausbau der Infrastruktur profitieren, sind durchaus interessant. Auch Infrastrukturanbieter in den Bereichen Digitalisierung und Bau könnten sich als lukrative Investitionsziele erweisen." (jh)