Nach dem aufsehenerregenden Kollaps von drei US-Banken und der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS im März ist es zuletzt wieder ruhiger an den Börsen geworden. Einige Marktteilnehmer stellen sich aber die Frage, ob die Abwicklung einer der 30 global systemrelevanten Banken der Anfang einer viel größeren Bankenkrise ist oder diese abgewendet wurde, bevor sich ein gefährliches Momentum aufbauen konnte. Nach Ansicht von Vladislav Krivenkov, Portfoliomanager beim Hamburger Fixed-Income-Spezialisten Nordix, gibt es einige Hinweise, die dafür sprechen, dass das Schlimmste schon hinter uns liegt.

Ein wichtiges Signal stammt dabei laut Krivenkov von der Federal Reserve und der Europäischen Zentralbank (EZB). Beide erklärten, dass die Bankensysteme in den USA und der Eurozone in einer soliden Verfassung seien und die Finanzstabilität nicht gefährdet sei. Fed-Präsident Jerome Powell machte beispielsweise deutlich, dass es sich bei den Ereignissen im US-Bankensektor um isolierte und nicht systematische Probleme handelt und die ergriffenen Maßnahmen eher symbolischer Natur seien, die die Wachsamkeit und Entschlossenheit der Aufsicht demonstrieren sollen. "Wir haben noch gar nicht richtig angefangen, und aktuell ist das auch nicht notwendig", fasst Krivenkov den Tenor der Kommunikation der Zentralbanken zusammen.

Blick auf Zinsmarkt, Stressindikatoren...
"Diese Einstellung untermauerten die beiden Zentralbanken mit Zinserhöhungsschritten", so der Portfoliomanager. Damit zeigten sie, dass sie die konjunkturellen Folgen der Probleme im Bankensektor als untergeordnet einschätzen, erläutert Krivenkov. Der Einschätzung stimme mittlerweile auch der Zinsmarkt zu, wie ein Blick auf die Fed Funds Futures zeige. Einen Tag nach der koordinierten Aktion von Fed, US-Treasury, FDIC und Weißem Haus seien massive Zinssenkungen bis Ende des Jahres eingepreist worden, in Erwartung eines ähnlichen Eingreifens wie während der Finanzkrise. "Diese Einschätzung wurde im Laufe der zweiten März-Hälfte verworfen, und das Ausgangsszenario von Ende Januar ist wieder in den Mittelpunkt gerückt", so Krivenkov.

Auch die Signale des als Stressindikator bekannten Vix-Index aus den USA und seines europäischen Pendants V-Stoxx zeichneten ein klares Bild: "Die sich widerspiegelnde Markterwartung an bevorstehende Aktienvolatilität ist rückläufig und wieder auf dem Ausgangsniveau vor den Turbulenzen im Bankensektor angekommen", erläutert der Portfoliomanager. Dabei sei besonders auffällig, dass auch inmitten der Bankinsolvenzen die Reaktion des Vix-Index überschaubar ausfiel. Extreme Bewegungen, wie sie beispielsweise während der Corona-Pandemie zu beobachten waren, seien nicht erkennbar. 

...und Kreditausfallversicherungen
Der Blick auf die impliziten Ausfallwahrscheinlichkeiten von europäischen Banken und Versicherern zeichne ebenso ein konstruktives Bild. Nachdem die Prämien für Kreditausfallversicherungen von Financials in Folge der Geschehnisse bei US-Regionalbanken und der Credit Suisse auf ein Niveau gesprungen waren, wie es in Stressphasen während der Corona-Pandemie oder infolge der Rezessionssorgen des vergangenen Jahres erreicht wurde, sei es zur Gegenbewegung gekommen. "Mit zunehmender Visibilität des Ausmaßes der Geschehnisse werden die Risikoeinschätzungen rekalibriert. Im Endergebnis wird aktuell die durchschnittliche Ausfallwahrscheinlichkeit bis Ende des nächsten Jahres bei europäischen Banken und Versicherern bei rund 1,8 Prozent bewertet und liegt damit 0,6 Prozentpunkte über dem Wert vor Ausbruch der Turbulenzen im Bankensektor", sagt Krivenkov. (fp)