Bislang schien klar: Zum US-Dollar als wichtigster Reservewährung der Welt gibt es keine ernstzunehmende Konkurrenz. Rund 42 Prozent aller US-Staatsanleihen werden im Ausland gehalten, vor allem in Japan und China. Die neue US-Regierung ist wegen ihrer Steuersenkungspläne mehr denn je auf ausländische Kapitalgeber angewiesen.

Diese könnten sich allerdings zurückziehen, warnt Karsten Junius, Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin: Dann nämlich, wenn sie das Gefühl bekommen, dass die USA zunehmend rechtsstaatliche Prinzipien und internationale Verträge in Frage stellen und in Zeiten von "America First" ausländische Geldgeber zuletzt bedienen.

Die USA profitieren von der hohen Nachfrage nach ihren Anleihen, weil sie so ihre hohen Defizite im Staatshaushalt und in der Leistungsbilanz günstig refinanzieren können. Diese betragen allein im laufenden Jahr 3,7 Prozent des BIP, sodass 520 Milliarden US-Dollar im Ausland aufgenommen werden müssen. "Die ersten Handlungen und die Rhetorik der neuen US-Regierung lassen allerdings weder großen Respekt vor internationalen Regeln, Regulierungen, Verträgen und Institutionen erkennen, noch Verständnis für diplomatische Konventionen oder ausländische Interessen", sagt Junius.

US-Anleihen müssen Risikoaufschläge bieten
Die Zeit, in der sich Anleger weltweit auf die von den USA ausgehenden Stabilität und Rechtssicherheit verlassen konnten, ist vorbei. "Fraglich ist, ob Investoren wie bislang in risikoreichen Zeiten in die Sicherheit von US-Anlagen fliehen – oder vermehrt anzweifeln, ob 'America First' auch bei der Bedienung von Staatsanleihen gilt", sagt der Volkswirt.

Sollte Letzteres der Fall sein, wäre es für private Anleger rational, den Portfolioanteil an US-amerikanischen Anleihen zu reduzieren. Ausländische Zentralbanken und Staaten wiederum könnten als Vergeltung in einem Handelskrieg mit den Vereinigten Staaten US-Anleihen verkaufen. "Zu hoffen ist all dieses nicht", sagt Junius. "Zu erwarten, dass US-Anleihen Anlagen sind, die keiner Risikoprämien bedürfen, allerdings auch nicht." (fp)