Die Erfahrung des Erdbebens von Kobe am 17. Januar 1995 zeigt, dass die Zerstörung von Infrastruktur und Produktionsanlagen einen massiven negativen Angebotsschock auslöst. Im Januar 1995 sank die Industrieproduktion um 2,6 Prozent. Verschlimmert wird ein solcher Schock auf der Nachfrageseite, weil auch die Konsumentenstimmung stark beeinträchtigt wird.

 

Das Beispiel des Erdbebens von Kobe zeigt jedoch auch tröstlich, dass solche Schocks nur von kurzer Dauer sind, wie die Finanzmarktexperten der Bank Sarasin anmerken. Der zurück gestaute Konsum werde in den Folgemonaten nachgeholt. Zudem sei unsere volkswirtschaftliche Gesamtrechnung so aufgebaut, dass die Verluste der Produktionskapazität nicht dämpfend in die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) eingehen, während die Ersatzinvestitionen das BIP stark steigern. So stieg im Februar und März 1995 die japanische Industrieproduktion wieder um 2,2 bzw. ein Prozent und das BIP ging in keinem Quartal des Jahres 1995 zurück.

 

V-förmige Erholung erwartet

Auch dieses Mal wird es wieder zu einer solchen V-förmigen Erholung in Japan kommen, sind die Sarasin-Experten überzeugt. Allerdings ist die Größenordnung diesmal eine andere. Denn selbst wenn die Prozesse in den Kernkraftwerken unter Kontrolle gebracht werden können, wird die Energieproduktion um mehr als sechs Prozent fallen.

 

Zwar wird sich dieser Energierückgang nicht "eins-zu-eins" in einen Produktionseinbruch übersetzen, denn erstens war ein Teil der industriellen Kapazitäten auch vor dem Erdbeben nicht ausgelastet und zweitens wird der Rückgang der Kernenergie durch Sparmaßnahmen und Ölimporte kompensiert werden. Da die betreffenden Kernkraftwerke jedoch für immer geschlossen werden, wird die Erholung langsamer erfolgen als vor 16 Jahren, so die Sarasin-Experten.

 

Im Gefolge des Erdbebens von Kobe stieg der Yen um 20 Prozent, weil Versicherungen zur Deckung ihrer Leistungen Kapital nach Japan verlagerten. Auch diesmal ist von einem erheblichen Aufwärtsdruck auf den ohnehin schon starken Yen auszugehen. Allerdings sollte man nicht erwarten, dass die japanische Zentralbank (BoJ) dieser Aufwertung tatenlos zusehen wird. Schon hat sie angekündigt, 15 Billionen Yen (also über USD 180 Mrd.) an Liquidität in den Markt zu pumpen. Sie wird auch vor Interventionen im Devisenmarkt nicht zurückschrecken, sind die Sarasin-Experten überzeugt.

 

Diese Liquidität wird ihnen zufolge auch die Renditen japanischer Staatsanleihen vor einem Crash bewahren. Zudem wird der Anleihenmarkt von inländischen Institutionen dominiert, die aus regulatorischen Gründen Staatsanleihen kaufen müssen. Japan ist somit fast unabhängig vom Ausland.

 

Doch die Kosten der Aufräumarbeiten für den Staatshaushalt könnten weitere Herabstufungen der Rating-Agenturen auslösen. Die Bonität Japans war schon vor dem Beben angeschlagen. Der neuerliche Schicksalsschlag stellt Japans Regierung vor eine große Herausforderung, weil diese nur durch höheres nominales Wachstum gemeistert werden kann. Bleibt Japan eine Kernschmelze erspart, braucht man für Japans Wirtschaft jedoch nicht allzu pessimistisch zu sein, so das Fazit der Sarasin-Experten. (ir)