Die auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung spezialisierte Bank Sarasin & Cie AG, Basel, hat ihren Investmentausblick 2006 vorgelegt. Im Zentrum steht die Frage: "Wann werden sich die makroökonomischen Ungleichgewichte anpassen?" Denn die Weltwirtschaft befindet sich nach Einschätzung der Anlage-Experten der schweizer Bank tatsächlich in einer Schieflage: Auf der einen Seite stehen zinssensible Volkswirtschaften wie die USA, die gegenüber dem Ausland immer mehr Schulden aufnehmen, auf der anderen Seite Schwellenländer und konsumschwache Industrieländer, die ihren Ersparnisüberschuss exportieren und damit Nettoforderungen gegenüber den USA aufbauen. Je nach dem, wie geduldig die Welt mit den USA ist, ergeben sich für den Anpassungsprozess drei Szenarien, so Sarasin in seinem Investmentausblick 2006..

"Basis-Szenario": Moderate Anpassung im zweiten Halbjahr

Die Konjunktur sollte bis Mitte des Jahres ihren Schwung beibehalten können, doch gestiegene Anleihenrenditen werden in der zweiten Jahreshälfte die zinssensiblen Volkswirtschaften - allen voran die USA und ihre am Zinstropf hängenden Konsumenten - allmählich unter Anpassungsdruck setzen und zu einer Abschwächung der Weltkonjunktur führen. Im Durchschnitt sollte das reale Weltwirtschaftswachstum im Jahr 2006 jedoch das des Jahres 2005 übertreffen. Die Bereinigung der Ungleichgewichte wird sich im Jahr 2007 gleichwohl mit Wachstumsraten deutlich unter Potenzial bemerkbar machen.

Nach Einschätzung der Bank Sarasin wird das Jahr zunächst fulminant starten. Der industrielle Lagerzyklus befindet sich in vollem Aufschwung. Die Auftragseingänge in der US-Industrie waren stark und die Produktion kommt kaum nach. Mit der steigenden Kapazitätsauslastung müssen wieder Ersatz- aber auch Neuinvestitionen getätigt werden, wovon der Arbeitsmarkt profitieren wird. Über den internationalen Konjunkturzusammenhang sind auch die Exporte in andere Regionen der Welt belebt worden. Das "Basis-Szenario" der Bank sieht den SMI Ende 2006 bei 8000 Punkten und favorisiert unter den Schweizer Titeln: Adecco, Bucher, Credit Suisse, Givaudan, Nestlé und Straumann.

"Alternativ-Szenario I": Abrupte Anpassung der Ungleichgewichte

Würde die Erwartung geweckt, dass die Nettoschuldnerposition der USA den Dollar irgendwann in die Knie zwingt, wären Investoren nicht mehr gewillt, US-Anleihen zu halten. Auch die Zentralbanken der Schwellenländer, die zu einem Großteil durch Deviseninterventionen das US-Leistungsbilanzdefizit finanzieren, könnten seitens ihrer Bevölkerung unter Druck kommen, das Volksvermögen besser anzulegen. Es besteht somit ein reales Risiko, dass es in 2006 zu einer schnelleren und drastischeren Anpassung der Ungleichgewichte kommt als von vielen erwartet wird, so die Schweizer Bank.

Im "Alternativ-Szenario I" untersucht Sarasin die Möglichkeit, dass viele Länder das Vertrauen in die USA verlieren, die Defizite nicht mehr finanzieren und ausgehend von einer Dollarbaisse eine abrupte Anpassung der Außenhandelsungleichgewichte stattfindet. Im "Alternativ-Szenario I" dürften Unternehmen mit hohen Umsätzen innerhalb Europas global tätige Unternehmen outperformen. Dank der angestauten Konsumnachfrage werden defensive Werte von den Anlegern als uninteressant betrachtet. Auch zinssensitive Werte können unter Druck kommen. Aufgrund verbleibender Unsicherheiten über die weitere wirtschaftliche Entwicklung werden Unternehmen mit einem tieferen Risikoprofil bevorzugt. Die Favoriten im "Alternativ-Szenario I" sind unter den Schweizer Titeln: EMSChemie, Georg Fischer und Tamedia.

"Alternativ-Szenario II": Ungleichgewichte nehmen weiter zu

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Ungleichgewichte vorerst noch vergrößern werden, spiegelt sich im "Alternativ-Szenario II". Die Kapitalexportüberschüsse aus den konsumschwachen Industrieländern, den asiatischen Schwellenländern sowie den Erdöl exportierenden Staaten könnten möglicherweise einem zyklischen Zinsanstieg entgegenwirken. Es entstünde ein sich selbst aufrechterhaltender Kreislauf, in dem tiefe Zinsen den Konsum ankurbeln würden, starkes Wachstum die Rohstoffpreise hoch hielte und die Kapitalexporte der Überschussländer wiederum dafür sorgen würden, dass das Zinsniveau tief bliebe. Damit würden sich die Ungleichgewichte immer weiter verschärfen.

Die Anlage von Petrodollars in Europa dürfte laut Sarasin-Einschätzung direkt (z. B. über die Beteiligung an Unternehmen) oder indirekt (z. B. durch den Kauf von Luxusgütern) konsumsensitive Bereiche unterstützen. Das starke Wachstum der arabischen Länder bedingt aber auch einen hohen Bedarf an Elektrizität. Unternehmen, die im Stromgeschäft tätig sind (Stromerzeugung und -übertragung, Turbinen- sowie Kraftwerkbau), dürften eine nachhaltige Beschleunigung der Auftragseingänge sehen.

Während die Bank Sarasin im "Basis-Szenario" defensivere Großunternehmen favorisiert, wertet das "Alternativ-Szenario II" mittelgroße Unternehmen und Unternehmen mit einem höheren Risikoprofil als besonders attraktiv. Die Favoriten im "Alternativ-Szenario II" sind unter den Schweizer Titeln: ABB, Richemont und VP Bank.

Die 1841 gegründete Bank Sarasin ist eine der führenden Privatbanken der Schweiz. Ihr nachhaltiger Erfolg basiert auf Vertrauen, Diskretion, Kompetenz und Engagement. Zum Kerngeschäft gehören die Anlageberatung und die Vermögensverwaltung für private und institutionelle Kunden sowie das Fondsgeschäft. (rmk)