Nach jahrelanger Wartezeit will der US-amerikanische Finanzdienstleister MSCI ab Mai 2018 chinesische A-Aktien in seine Schwellenländerindex-Familie aufnehmen. Schrittweise sollen allein insgesamt 222 Titel in die Berechnung des 1,5 Billionen US-Dollar schweren Emerging-Markets-Barometers aufgenommen werden. Das teilte MSCI gestern abend in New York mit. Durch die Aufnahme können Investmentfonds und Anleger, die auf Indexprodukte setzen oder passive ETF nutzen, keinen Bogen mehr um China machen. Der chinesische Finanzplatz erhält so in fast allen Belangen ein stärkeres Gewicht.

China-Aktien machen rechnerisch dann 0,7 Prozent der Gewichtung des MSCI-Schwellenländerindex aus. Das klingt nach wenig, hat aber große Auswirkungen: Experten rechnen einem Billionen-Potenzial an Käufen von chinesischen Papieren. Zusätzlich stellt MSCI in Aussicht, den Anteil gar noch zu erhöhen, wenn die chinesische Regierung mit der Öffnung des Finanzmarktes fortfährt. Indes hat die Entscheidung trotzdem "vor allem symbolischen Wert", heißt es auf "tagesschau.de": Denn viele Unternehmen aus China sind längst für internationale Investoren zugänglich, weil ihre Anteilscheine auch an ausländischen Börsen gelistet sind. 

Anerkennung von Chinas Bemühungen
Der MSCI EM Index ignoriert bislang die chinesischen Festlandbörsen von Shenzhen und Schanghai, die im vergangenen Jahr 22 Prozent des weltweiten Börsenumsatzes oder 50 Prozent der Marktkapitalisierung Chinas ausmachten. Damit spiegle der Index nicht die wirtschaftliche Macht Chinas und die Breite seines Aktienmarktes wider, sagt David Raper, Portfoliomanager bei Comgest: "Die Entscheidung von MSCI über die Aufnahme der A-Aktien ist für die Anlageklasse von hoher Bedeutung und gleichzeitig die Anerkennung der Bemühungen Chinas, den heimischen Aktienmarkt für ausländische Investoren zu öffnen", so Raper. China werde künftig nicht mehr nur eine Nebenrolle in internationalen Aktienindizes spielen. 

Investmentprofis spenden vorsichtig Applaus
Kollegen pflichten ihm bei. "Die Entscheidung rückt das große Anlagespektrum plötzlich auf den Radarschirm globaler Investoren“, kommentiert John Lin, Portfoliomanager für chinesische Aktien beim Asset Manager AB. Die Art und Weise des gewählten Aufnahmeprozesses zeige, dass MSCI den "schlafenden Riesen nur äußerst vorsichtig aufweckt". Die Begrenzung auf 222 investierbare Titel sei eine sehr enge Auswahl: "Insgesamt gibt es über 3.000 Festlandaktien in China", so Lin. Es handele sich nichtdestotrotz um einen wichtigen ersten Schritt, um die Bedeutung des größten Schwellenlands der Erde in dem Index besser abzubilden. "In einer Zeit, in der sich die Gewichte der Weltwirtschaft zunehmend von Westen nach Osten verschieben und China die Internationalisierung des Renminbi kontinuierlich vorantreibt, werden mehr internationale Investoren auf die immensen Chancen, die das Land bietet, aufmerksam werden", ergänzt Bill Maldonado, Chief Investment Officer für die Region Asia Pacific bei HSBC Global Asset Management.

Kim Catechis, Head of Global Emerging Markets bei der Legg Mason-Tochtergesellschaft Martin Currie, gießt allerdings etwas Wasser in den Wein: "Das Niveau der Berichtspflichten und der Transparenzrichtlinien von Unternehmen auf dem chinesischen Festland liegt deutlich unter dem, was ausländische Investoren erwarten“, stellt er fest. (fp/ps)