Jedes Jahr aufs Neue nehmen viele den Jahreswechsel zum Anlass, gute Vorsätze für die kommenden Monate zu fassen. Auch so mancher Investor könnte - oder sollte - sich vornehmen, demnächst noch besser zu agieren als bisher, meint Stefan Klomfass, Leiter institutionelles Wertpapiergeschäft bei der SEB Asset Management. In einer Kolumne schreibt er hierzu wie folgt:

 

"Eine wichtige Lehre der Finanzkrise ist, dass Risiken meist da liegen, wo man sie am wenigsten erwartet. Viele Anleger nehmen die Volatilität als Risikomaß. Doch die beginnt erst zu steigen, wenn Risiken sichtbar werden und die Kurse bereits fallen. Die Volatilität ist im Grunde genommen ein nachlaufender Risikoindikator. Ähnliches gilt für die Value-at-risk-Methode, die allein kein ausreichendes Prognoseinstrument darstellt. Die statistischen Grundlagen dieses Modells versagen bei unvorhergesehenen, extremen Marktausschlägen.

 

Als infolge der Finanzmarktkrise die Flucht der Anleger in Staatsanleihen der Industriestaaten einsetzte, galten diese als äußerst liquide und praktisch risikolos. Plötzlich aber tauchte mit der Griechenlandkrise ein Ausfallrisiko innerhalb der Währungsunion auf. Risiken existieren immer, es gilt sie rechtzeitig vorherzusehen und einzukalkulieren. Zurzeit heißt das, Zinsrisiken bei Bundesanleihen genauso zu berücksichtigen wie die Gefahren aufgrund stark geschrumpfter Risikoaufschläge für Investments in Schwellenländern.

 

Die Vorsätze

Der erste Vorsatz sollte also ein gesundes, sowohl auf technische als auch auf fundamentale Gefahren abgestelltes Risikobewusstsein sein. Der zweite Vorsatz könnte lauten: Die Panik anderer einkalkulieren. Märkte neigen zu Übertreibungen. Fundamentale Bewertungen nutzen wenig, wenn die Überreaktion des Marktes zu breiten undifferenzierten Verkäufen führt.  Im Zuge der Krise am US-Hypothekenmarkt wurden selbst seriöse deutsche Pfandbriefe in Mitleidenschaft gezogen. Mit der Euro-Schuldenkrise geraten ebenfalls Anleihen fundamental gesunder Staaten unter Druck, weil die Panik im Markt zu überhöhten Risikoaufschlägen führt.

 

Wird der zweite Vorsatz beachtet, kommt man direkt zum dritten: Kaufen, wenn es die anderen nicht tun. Wer nicht mit der Markthysterie mitläuft, sie aber auch nicht ignoriert, kann sie für sich nutzen. Einige Werte geraten zu Recht unter Druck, etwa griechische Staatsanleihen. Andere werden Opfer der Marktpanik, beispielsweise spanische. Denn ob diese große Volkswirtschaft der Eurozone, die niedriger Staatsschulden als Deutschland aufweist, mit Griechenland und dessen fundamentalen Problemen in einen Topf geworfen werden kann, ist äußerst zweifelhaft.

 

"Such" das Aschenputtel"

Die Devise lautet hier: Such" das Aschenputtel. Wären die Finanzmärkte eine Casting-Show, würden eher die Unpopulären gewinnen. Beliebtheit ist auf dem Börsenparkett oft ein Kontra-Indikator für den Erfolg. Andererseits wird nicht jede vernachlässigte Anlageklasse künftig outperformen. Entscheidend ist, bei den unpopulären Papieren genau zu prüfen, welchem Wert aus fundamentaler Sicht eine erfolgreiche Zukunft beschert sein könnte. Kaufen, wenn es die anderen nicht tun, hat sich dabei auch für Aktieninvestoren in den vergangenen zwei Jahren ausgezahlt.

 

Der vierte Vorsatz könnte lauten: Nicht zu gierig sein. Weder wird man beim Kauf exakt den günstigsten Kurs erwischen noch beim Verkauf punktgenau auf dem Höchststand landen. Die eigentliche Frage ist doch: Welche mittelfristigen Erwartungen habe ich an mein Investment? Wer auf Sicht von ein bis drei Jahren mit einer steigenden Bund-Rendite oder einem steigenden DAX rechnet, sollte sich nicht durch die Suche nach dem perfekten Timing von seinen prinzipiellen Investmententscheidungen abbringen lassen. Zu viel Mühe, kurzfristig das letzte Quäntchen herauszuholen, verstellt oft den Blick auf das Wesentliche. Oder anders: Wer zunehmend kurzfristig taktisch entscheidet, läuft Gefahr, den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen, und bei großen Marktbewegungen auf dem falschen Fuß erwischt zu werden.

 

Der fünfte und vielleicht wichtigste Vorsatz bleibt aber: Demut behalten. Und: sich Fehler eingestehen. Man kann Fehler nicht immer wieder gutmachen, aber in jeder Situation mit mehr Erfahrung die Entscheidung treffen, die für die Zukunft am erfolgversprechendsten ist. Je unbelasteter von der Vergangenheit, umso besser für den Erfolg des Investments.

 

Fünf Vorsätze sind noch keine Strategie - aber ein guter Anfang und eine Richtschnur

dafür, das eine oder andere künftig noch besser zu machen. Doch wie bei allen guten Vorsätzen gilt auch hier: Auszahlen werden sie sich im wahrsten Sinn des Wortes nur dann, wenn man sie auch in schwierigen Situationen befolgt." (ir)