Innerhalb der letzten Monate hat ein Thema die Schlagzeilen beherrscht, das noch vor wenigen Jahren wohl die meisten Leser zum Einschlafen gebracht hätte: Staatsanleihen der Länder, die den Euroraum bilden. Doch die Zeiten haben sich geändert und mittlerweile ist das Thema weit oben auf die Agenda gerückt. Allerdings wird es von etlichen Irrtümern begleitet, wie Frank Laufenburg, Head of Core Euro Fixed Income bei SEB Asset Management in einem Marktkommentar schreibt. Sein Versuch, die sieben größten Irrtümer rund um die Schuldenkrise aufzudecken, liest sich wie folgt:

 

Irrtum Nr. 1: Es ist eine Krise des Euro, unsere Währung geht unter

"Immer wieder wird darauf verwiesen, dass eine einheitliche Währung für eine derart heterogene Ansammlung von Staaten keinen Bestand haben kann. Tatsache ist, dass die Wachstumsunterschiede innerhalb der USA größer waren als die in Euroland, ohne dass dadurch jemand am Bestand des US-Dollar gezweifelt hätte. Im vorletzten Jahrhundert gab es zudem zwei Phasen, in denen 9 bzw. 10 US-Bundesstaaten gleichzeitig zahlungsunfähig waren.

 

Die Einführung einer eigenen Währung wäre für viele Staaten nicht tragbar, da in diesem Falle die gesamte Verschuldung in Auslandswährung denominiert sein würde. Wertete dann die eigene neue Währung ab, wäre eine sofortige Zahlungsunfähigkeit unvermeidbar.

 

Irrtum Nr. 2: PIIGS-Staaten waren immer unsolide und hätten nie beim Euro mitmachen dürfen

Im Falle Griechenlands kann dieser Behauptung zugestimmt werden, zumal hier auch noch die Fiskaldaten systematisch geschönt waren. Für die anderen Staaten ist die Aussage falsch. Lediglich zwei Länder der Währungsunion haben ihren Schuldenstand stetig erhöht und es auch in guten Zeiten nie geschafft, ihre Schulden abzubauen: Deutschland und Frankreich. Alle anderen wurden erst ab 2008 durch die Finanzkrise gebeutelt.

 

Irrtum Nr. 3: Deutsche Bundesanleihen sind sicher

Deutschland war im letzten Jahrhundert dreimal zahlungsunfähig. Auch die gegenwärtigen Daten bieten kein wirklich sanftes Ruhekissen: Eine Schuldenquote von über 80 Prozent der Wirtschaftsleistung ist nahe an der magischen Schwelle von 90 bis 100 Prozent, ab der für Staaten die Konsolidierung meist sehr schmerzhaft wird. Bei der gegenwärtigen konjunkturellen Lage ist dies kein Problem, eine mehrjährige Rezession jedoch könnte dies sehr schnell ändern.

 

Irrtum Nr. 4: Ratings der Agenturen sind für die meisten Staaten unangemessen niedrig

Timing, Begründung und im Falle Portugals auch das Ausmaß der Herabstufung waren sicherlich diskussionswürdig. Das SEB-Asset-Management-Länder-Scoring ist allerdings zu dem Ergebnis gekommen, dass etliche AAA- und AA-Länder viel zu positiv bewertet sind. Staaten, die zu negativ bewertet sind, findet man hingegen eher selten und dann in der Riege der Länder, die als "Emerging Markets" bezeichnet werden.

 

Irrtum Nr. 5: Auslöser der Euroschuldenkrise waren marode, südeuropäische Banken

Die solidesten europäischen Banken und Versicherungen stammen aus dem von der Immobilienkrise gebeutelten Spanien. Auch portugiesische Institute sind durchaus solide aufgestellt, zumal es in diesem Land nie eine Immobilienkrise gab. Im Vergleich dazu geben viele irische und deutsche Institute ein eher trauriges Bild ab.

 

Irrtum Nr. 6: Kupon von über 6 Prozent für Staatsanleihen ist auf Dauer für keinen Staat tragbar

In den Achtzigerjahren hatten Bundesanleihen Kupons von bis zu 12 Prozent. Denselben Kupon zahlt heute Brasilien. Diese angeblich horrende Zinsbelastung hat zum Glück nicht verhindert, dass sich die Schuldnerqualität des Landes kontinuierlich verbessert hat und es von allen Ratingagenturen Investmentqualität zugebilligt bekommt. Dagegen wurde Japan kontinuierlich schlechter bewertet, obwohl der Kupon hier bei rund 1,5 Prozent liegt.

 

Irrtum Nr. 7: Griechenland sollte Eurozone mit gleichzeitigem Zahlungsausfall verlassen

Ein Zahlungsausfall Griechenlands würde zu chaotischen Zuständen im Land führen. Zum einen reichen die laufenden Einnahmen bei Weitem nicht aus, um Löhne und Renten zu zahlen. Die Angst vor einer Währungsreform würde darüber hinaus zu einer massiven Kapitalflucht führen, obwohl eben dieses Kapital für Investitionen im eigenen Land dringend gebraucht wird. Egal wie die griechische Tragödie endet, eine Haushaltssanierung ist in jedem Falle notwendig.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Euro für unseren Wirtschaftsraum richtig und wichtig ist. Er wird allen Unkenrufen zum Trotz Bestand haben - in welcher Form auch immer. Der interessierte Beobachter des Geschehens sollte sich nicht von jedem dramatisch vorgetragenen Argument beeinflussen lassen." (ir)