Die internationalen Rentenmärkte tendierten im September 2005 zur Schwäche. Vorübergehend rückläufige Ölpreise, höhere Inflationsraten und Zinserhöhungserwartungen brachten die Märkte unter Druck. Auslandsengagements profitierten im letzten Monat von der Schwäche des Euros, wie SEB Invest in ihrer aktuellen Marktanalyse schreibt. Das schwedische Finanzunternehmen hält die gegenwärtige Phase steigender Renditen sprich fallender Kurse für vorübergehend. Schwächere Konjunkturdaten in der Folge von höheren Energiepreisen sollten die Zinserhöhungsängste wieder abkühlen.

 

Mit Beginn des neuen Monats kehrte sich zum wiederholten Male der Zinstrend an den Rentenmärkten um. Dabei sorgte zunächst die zeitweilige Entspannung der Rohöl- und Benzinpreise, die nach dem Hurrikan "Katrina" Ende August schockartig gestiegen waren, für fallende Rentenkurse.
Die zentrale Frage war, wie stark und wie lange die Konjunktur vom Anstieg der Ölpreise beeinträchtigt würde und wie die Notenbanken hierauf reagieren würden. Diese stuften die Auswirkungen des Sturmes jedoch als vorübergehend ein und zeigten keine Neigung einen lockereren geldpolitischen Kurs einzuschlagen. So erhöhten im September sowohl die kanadische wie auch die US-Notenbank ihre Leitzinsen. In den USA hätten bei der Zinsentscheidung sicherlich auch die massiven, das Budget zusätzlich belastenden Finanzhilfen eine Rolle gespielt. Energiepreisbedingt steigende Inflationsraten und tendenziell steigende Inflationserwartungen bestätigten im Monatsverlauf die vorsichtige Haltung der Notenbanken. Schließlich zeigten sich trotz widriger Umstände, beispielsweise kletterte der Ölpreis mit dem zweiten Sturm im Süden der USA ("Rita") erneut auf die alten Höchststände, die meisten Konjunkturumfragen im September recht robust.

 

Die Währung macht's

 

In lokaler Rechnung konnten sich im September nur wenige kleinere Rentenmärkte dem allgemeinen Trend entziehen. Von den bedeutenderen Märkten behauptete sich angesichts gemischter Konjunkturdaten und unveränderter Leitzinsen der EZB lediglich die Eurozone. Erst in der zweiten Monatshälfte kam der Markt unter Druck. So erreichte die Inflationsrate mit 2,5 Prozent, den höchsten Stand seit Mitte letzten Jahres, zudem blieb das Geldmengenwachstum äußerst kräftig und etliche Konjunkturumfragen zeigten sich überraschend positiv. Wenig Freude machte dagegen der japanische Rentenmarkt. Die Renditen stiegen teilweise kräftig an. So wird vor dem Hintergrund der konjunkturellen Erholung und der strukturellen Fortschritte wieder über das Ende der quantitativen Geldpolitik der japanischen Notenbank spekuliert. Der überraschend deutliche Wahlsieg der Koalition Koizumis schürte zudem weitere Reformhoffnungen. Am Ende der Performancerangliste fanden sich die USA. Eine umfassende Schwäche des Euros im September ließ Auslandsengagements in einem besseren Licht erscheinen. Dabei ragten vor allem die Dollar-Währungen hervor. So profitierte insbesondere der kanadische Dollar von der Erhöhung der Leitzinsen anfang des Monats. Von den führenden Rentenmärkten lag dank der Währung lediglich der US-Markt im positiven Bereich.

 

Sommerflaute bei Unternehmensanleihen


Unternehmensanleihen zeigten im September erneut eine ähnliche Wertentwicklung wie Staatsanleihen. Die Zinsdifferenzen bewegten sich kaum und liegen weiterhin auf recht niedrigem Niveau. Lediglich bei einzelnen Titeln ist es zu einer Ausweitung der Spreads gekommen, wie z.B. bei Tele Danmark Corporation im Rahmen von Übernahmespekulationen. Das niedrige Renditeniveau bei Staatsanleihen lässt das Marktsegment weiterhin interessant erscheinen, auch da der Anstieg der Emissionen nach dem "ruhigen" Sommer bisher ausgeblieben ist. Allerdings stieg zuletzt die Nettoverschuldung der Unternehmen stärker als die Erträge. Ein Warnzeichen, das uns zunächst vorsichtiger agieren lässt.

 

Notenbanken bleiben vorsichtig

 

Aufgrund der überraschenden Verbesserung der jüngsten Konjunkturumfragen hat sich der Zinsauftrieb zuletzt fortgesetzt. Damit scheint sich trotz der Hurrikans und des hohen Ölpreises die Belebung im Industriesektor zu festigen. Der jüngste Anstieg der Rohöl- und Benzinpreise dürfte jedoch die Preisentwicklung in den nächsten Wochen weiter belasten. Eine Abschwächung der Konsumausgaben aus diesem Grund wird jedoch über kurz oder lang auch auf die Industrieproduktion ausstrahlen. SEB Invest geht daher davon aus, dass wir uns vorerst in einer Aufwärtsphase eines "Minizyklusses" im Industriesektor befinden, der in den nächsten Monaten wieder umschwenken sollte.
Da die Notenbanken die direkte Wirkung höherer Energiepreise auf die Inflation nicht bekämpfen können, fokussierten sie zuletzt die sog. "Zweitrundeneffekte" sowie die Inflationserwartungen. Ersteres meint zunächst die indirekte Beeinflussung der Kerninflation, d.h. der Teuerung ohne Energie und Nahrungsmittel, z.B. in Form höherer Transportkosten. Zu den "Zweitrundeneffekten" gehören aber auch höhere Lohnabschlüsse, wobei hier die Erwartung einer dauerhaft höheren Inflation eine zentrale Rolle spielt. Letztlich wollen die Notenbanken einen sich selbst speisenden "inflationären Prozess" (Issing) verhindern.

Während Ersteres nicht auszuschließen ist, ist in den USA aufgrund der guten Konjunktur- und Arbeitsmarktlage die Gefahr höherer Lohnabschlüsse größer als in der Eurozone. Allerdings sind beiderseits des Atlantiks zuletzt einige Indikatoren für Inflationserwartungen merklich gestiegen. Insofern dürfte der Markt in den USA zunächst weitere Zinserhöhungen der FED einpreisen. Von der EZB erwartet SEB Invest jedoch zu-nächst nur eine verschärfte Rhetorik. Das Unternehmen glaubt weiterhin, dass eine Zinserhöhung hierzulande einer konjunktureller "Untermauerung" bedarf.
Nicht zuletzt aufgrund des Verkäufermangels ableitbar aus der defensiven Haltung des Marktes bleibt SEB Invest zunächst neutral positioniert. In Erwartung wieder schwächerer Konjunkturdaten wartet das Finanzunternehmen jedoch auf einen geeigneten Zeitpunkt für den Einstieg. (dnu)