Wenn der Ausfall einer einzelnen Bank zu einer umfassenderen Vertrauenskrise führt, kann dies eine systemische Bedrohung für den gesamten Bankensektor darstellen – etwas, das wir mit Lehman Brothers vor 15 Jahren in der globalen Finanzkrise erlebt haben. Die Angst vor Ansteckung und vor negativen Spillover-Effekten, die zu Dominoeffekten führen, spielt bei Bankenkrisen immer die wichtigste Rolle.

Diese besorgniserregenden Zeiten scheinen nun zurück zu sein. Am Mittwoch (8.3.) beschloss die kleine Kryptobank Silvergate nach dem Zusammenbruch von FTX, ihr Geschäft aufzugeben – und kündigte eine freiwillige Liquidation an. Am Donnerstag (9.3.) wurden die Märkte durch die Entwicklungen bei der Silicon Valley Bank (SVB), der sechzehntgrößten US-Bankengruppe, geschockt. Einleger zogen rund 42 Milliarden US-Dollar ab – rund 25 Prozent der gesamten SVB-Einlagen. Am Freitag (10.3.) hat die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) die Kontrolle über die SVB, einen großen Kreditgeber für den Technologiesektor, übernommen. Mit einer Bilanzsumme von mehr als 200 Milliarden US-Dollar ist die SVB die zweitgrößte US-Bankenpleite aller Zeiten. Die Volatilität der Bankaktien schnellte weltweit in die Höhe.

Was ist bei der SVB schief gelaufen? 
Sie hatte eine einzigartige Marktposition als Hausbank für das Start-up-Ökosystem sowie für viele Risikokapitalgeber in diesem Sektor. Die Barmittel der Hälfte aller mit Risikokapital finanzierten Start-ups in den USA lagen als Einlagen auf ihren Büchern. Ihre Einlagenbasis, die während der Pandemie erheblich gestiegen war, war jedoch ungewöhnlich wankelmütig. Die große Mehrheit – nämlich 96 Prozent – war nicht von der Einlagensicherung gedeckt. Derartig ungedeckte Einleger gelten auf den Märkten und bei den Bankenaufsehern als besonders "flüchtig". Als die Einlagenbasis der SVB in der vergangenen Woche rapide abnahm, war sie gezwungen, Anleihen zu verkaufen, um auf diese Weise Barmittel zu beschaffen. Dabei kristallisierten sich Verluste heraus, da der Wert ihrer festverzinslichen Anleihebestände aufgrund steigender Zinssätze gelitten hatte. Ein Versuch, sich anderweitig zusätzliches Kapital zu beschaffen, scheiterte.

Die Aufsichtsbehörden weltweit prüfen nun, ob diese Bankenpleite eine systemische Bedrohung darstellen könnte. Die Rufe nach einem Verkauf der Vermögenswerte der SVB werden lauter. Der Markt ist bereits auf der Suche nach vergleichbaren Bankfällen, die ihrerseits alle beruhigende Kommentare abgeben. US-Finanzministerin Janet Yellen hat eine umfassende öffentliche Rettungsaktion ausgeschlossen, hat aber eine Unterstützung für die Einleger in Firm einer Notkreditlinie zugesagt. Die FDIC und die Federal Reserve sind ebenso wie die Behörden in der ganzen Welt mit dem Fall befasst.

Droht hier also eine Gefahr für die Finanzstabilität, die an 2008 erinnert? Ich halte dies für ein unwahrscheinliches Szenario – und hier sind sechs gute Gründe dafür:

  1. Nur sehr wenige Banken haben eine derart hohe Konzentration des Geschäfts auf einen Sektor wie die SVB.
  2. Es wäre schwierig, eine andere Bank mit einer so "heißen" Einlagenbasis zu finden.
  3. Keine andere Bank hat ein derartiges Ausmaß an nicht realisierten Verlusten in jenem Wertpapierportfolio, das bis zur Fälligkeit gehalten und insofern nicht neu bewertet wurde.
  4. Als Regionalbank war die SVB weniger stark reguliert als andere US-Banken ihrer Größe, beispielsweise unterlag sie nicht der Liquidity Coverage Ratio.
  5. Trotz ihrer Größe gibt es sowohl in den USA als auch im Ausland genügend Banken, die die Vermögenswerte der SVB übernehmen können. Allerdings stoßen die großen US-Institute an ihre Grenzen, was die Übernahme von Einlagen anbetrifft.
  6. Die SVB ist jetzt in geordneter Auflösung, und die FDIC ist eine erfahrene und qualifizierte Behörde.

All dies deutet für mich darauf hin, dass die SVB ein Ausreißer ist. Ihr Geschäftsmodell wies erhebliche Schwächen auf – und sie hat ihr Zinsänderungsrisiko falsch gemanagt, indem sie zur falschen Zeit in festverzinsliche Wertpapiere mit sehr niedrigen Renditen investiert hat. 

Es liegt nun an den zuständigen Behörden, die Märkte wieder zu stabilisieren und eine geordnete Abwicklung der Silicon Valley Bank zu organisieren. Wir können zuversichtlich sein, dass die FDIC, die Fed und andere erfolgreich sein werden. Denn sie wissen, was sie tun.


Dieser Gastkommentar erschien am Abend des 12. März in ähnlicher Form zuerst in "Financial News" in englischer Sprache.