Es ist eine Grundsatzdebatte, die Befürworter und Kritiker nachhaltiger Anlagen entzweit: Können nachhaltige Fonds wirklich helfen, die Welt zu verbessern? Eher nicht, zeigt nun eine aktuelle Studie, über die die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) berichtet. Die beeindruckenden Summen, die in nachhaltige Anlagen fließen, tragen demnach kaum dazu bei, die globalen Umweltprobleme zu lösen. ESG-Anlagen gleichen eher einem Placebo, sagt der Co-Autor der Studie und Professor an der Universität Zürich, Falko Paetzold, in der NZZ. "Die Produkte geben den Käufern ein gutes Gefühl und beruhigen ihr Gewissen. Doch ein großer Teil davon schafft es nicht, eine messbare Veränderung herbeizuführen."

Immer mehr Anleger beziehen ESG-Kriterien in ihre Investmententscheidungen ein. In der Schweiz hat sich das Volumen von ESG-Fonds innerhalb von nur fünf Jahren verzehnfacht. So ist es kaum verwunderlich, dass die Produkte konventionelle Investments inzwischen überholt haben. Laut Swiss Sustainable Finance haben sie bei den Eidgenossen heute einen Marktanteil von 52 Prozent. Weltweit fließen jährlich vier Billionen US-Dollar in nachhaltige Anlagen. Das übersteigt bei weitem den Betrag von 2,5 Billionen Dollar, der laut Vereinter Nationen zur Erreichung der Klimaziele nötig wäre.

Anleger müssen zu Aktivisten werden
Woran liegt es, dass all das Geld nicht effektiv genutzt wird? Laut Paetzold sind vor allem fehlende Standards schuld. "Viele Fonds begnügen sich damit, aus besonders umstrittenen Branchen wie Waffen- oder Tabak auszusteigen", zitiert ihn die NZZ. Allerdings sei der Nutzen eines solchen ESG-Verständnisses für die Umwelt eher gering. Auch ESG-Ratings von MSCI, Standard & Poor's (S&P) oder Morningstar scheinen Anleger eher zu verwirren als Orientierung zu geben. "Zwischen den Ratings besteht kein messbarer Zusammenhang", erklärt Analyst Daniel Welter der Zeitung zufolge. "In den meisten Fällen weichen die Bewertungen stark voneinander ab." Der Pharmakonzern Roche zum Beispiel bekommt von S&P Spitzennoten, während Morningstar ihn im unteren Drittel führt.

Investoren können mit den zurzeit vorhandenen Informationen kaum sagen, welche Anlagen wirklich nachhaltig sind und welche nur einen grünen Anstrich bekommen haben. Plakativ zeigt sich das am Beispiel eines Themenfonds für saubere Energie, den eine renommierte Schweizer Bank lanciert hat: Dieser schneidet ausgerechnet beim CO2-Ausstoß besonders schlecht ab. Fondsanbieter sollten die Umweltbilanz ihre ESG-Fonds transparent machen, fordern Paetzold und andere Anlageexperten. Mehr noch, sagt der Uni-Professor: "Wir müssen für jede Investition den Impact prüfen – also die messbare Wirkung auf die Wirtschaft. Das verlangt von den Anlegern, dass sie direkt Einfluss auf die Entscheidungen in den Unternehmen nehmen." (fp)