Das frühere "Rundum sorglos"-Vorsorgemodell "Lebensversicherung" bröckelt. Nicht nur, dass die meisten Anbieter durch die Bank weg die laufende Verzinsung zum wiederholten Mal absenken: Auch bei der zu erwartenden Überschussbeteiligung müssen Vertragsnehmer erneut kleinere Brötchen backen, wie eine aktuelle Erhebung der Assekurata nahelegt. Fürs laufende Jahr schreiben die Lebensversicherer ihren Kunden erneut weniger Zinsen gut – wie schon 2020.

Über alle in der Studie analysierten Produktarten und Tarifgenerationen sinkt die laufende Verzinsung im Marktdurchschnitt um 0,09 Prozentpunkte auf 2,69 Prozent (Vorjahr: 2,74 Prozent). "Die Aussicht auf wieder steigende Zinserträge rückt in immer weitere Ferne", kommentert Assekurata-Geschäftsführer Reiner Will die ernüchternden Ergebnisse. Vor allem bei jüngeren Verträgen sei ein spürbarer Rückgang der Verzinsung zu verzeichnen, wohingegen die Zinsen für ältere Produkte weitgehend stabil bleiben. Grund hierfür seien die höheren vertraglichen Garantien, die die Kunden damals noch erhalten haben, so dass die Überschussbeteiligung nicht darunter sinken kann. Hohe Alt-Garantien erlaubten hingegen im Niedrigzinsumfeld kaum noch eine zusätzliche Überschussbeteiligung.

Quelle: Assekurata 

Konkret heißt das: Für 2021 bieten Klassik-Policen noch 2,13 Prozent laufende Verzinsung (Vorjahr: 2,29%). Rechnet man die aktuellen Deklarationen inklusive der in Aussicht gestellten Schlussüberschüsse auf einen 25-jährigen Mustervertrag hoch, so liegt die illustrierte Beitragsrendite im Schnitt bei 1,88 Prozent. "Sie kann als unverbindliche Effektivverzinsung auf die Beiträge interpretiert werden und liefert gegenüber anderen zinsgebundenen Sparanlagen noch immer eine ordentliche Rendite", urteilt Will.

Auslaufmodell klassische Policen
Ein weiteres interessantes Ergebnis der Studie: Mit 25 Unternehmen vertreibt nur knapp die Hälfte der 47 teilnehmenden Anbieter, die zusammen für 69 Prozent des Marktes stehen (Vorjahr: 79%), überhaupt noch eine klassische private Police mit einem Garantiezins von aktuell 0,9 Prozent. Lebenslange Garantien bieten davon aber nur noch 16 Anbieter im Neugeschäft. "Die traditionelle Klassik ist ein Auslaufmodell", fasst Lars Heermann, Bereichsleiter für Analysen und Bewertungen bei der Assekurata, zusammen.

"Stattdessen setzen weite Teile des Marktes auf neue klassische Produkte, die wie klassische Produkte auf einer konventionellen Überschuss-Systematik sowie dem Ausgleich im Kollektiv und der Zeit basieren", erklärt der Analyst. Ein zentraler Unterschied liege in den Garantien, die herabgesetzt oder tendenziell vollständig abgeschafft werden.

Bäume wachsen auch bei neuer Klassik nicht in den Himmel
Von den 26 Unternehmen, die mit der "neuen Klassik" an der Studie teilgenommen haben, bieten fünf eine anteilige und neun gar keine Beitragsgarantie mehr an. "Die Abkehr von der vollständigen Beitragsgarantie bei der Mehrheit der Tarife ist ein klares Signal dafür, dass sich hohe Garantien mit dem Dauerzinstief am Kapitalmarkt nicht vertragen", macht Heermann auf einen Trend aufmerksam. Immer mehr Anbieter legten ihren Tarifen mittlerweile einen individuellen Garantiezins zugrunde, der häufig bei 0,5 Prozent oder darunter liegt. Damit habe sich der Markt bereits vom aktuellen Höchstrechnungszins entfernt, der  - noch -  0,9 Prozent beträgt.

Doch selbst die neue Klassik ist im aktuellen Zinsumfeld nicht vor Überschussabsenkungen gefeit. So haben von 26 untersuchten Anbietern 14 die laufende Verzinsung abgesenkt, elf hielten sie stabil und nur einer (HDI) hob die laufende Verzinsung an. Für 2021 liegt sie branchenweit bei durchschnittlich nur noch 2,13 Prozent (Vorjahr: 2,28%). Spitzenreiter ist sowohl in der alten als auch der neuen Klassik die Ideal Lebensversicherung mit 3,0 Prozent (Vorjahr: 3,3%).

Illustrierte Beitragsrendite spricht für neue Klassik
Bei der Gesamtverzinsung (2,83% gegenüber 2,73%) und der illustrierten Beitragsrendite (2,31% gegenüber 1,88%) stellt sich dann jedoch ein Renditevorteil der neuen Klassik gegenüber der alten heraus. "Dies ist aufgrund des geringeren Garantieniveaus auch zu erwarten", sagt Heermann.

Weiterer Trend: Neben der Ansparphase verringern sich auch die Leistungsversprechen für die Auszahlungsphase der Verträge, wenn Kunden in den Rentenbezug übergehen. Dies lässt sich an der garantierten monatlichen Mindestrente festmachen, die tendenziell weiter sinkt. (dpo)