Geduld bringt Geld. Anleger sollten die heftigen Börsenbeben nach der Brexit-Entscheidung in jedem Fall aushalten, statt ihre Aktien oder Fondsanteile jetzt zu verkaufen, rät der Fondsanbieter Fidelity. Titel ausgerechnet jetzt abzustoßen, sei gerade im Hinblick auf die langfristig überdruchschschnittlichen Renditechancen dieser Assetklasse "die schlechteste Entscheidung, die ein Anleger treffen kann", sagt Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity.

Erfahrene Berater wissen: Generell überschätzen Anleger Timing-Aspekte grandios. Statt regelmäßig festgelegte Geldbeträge über Fondssparpläne zu investieren und dabei mit einem Anlagehorizont von wenigstens fünf Jahren zu planen, setzen sie ihre ganze Energie darauf, den vermeintlich "günstigsten" Zeitpunkt an der Börse abzupassen. Doch das gelingt selten bis nie.

Kanonendonner ignorieren
Und es bringt auch nichts, wie die Fidelity-Auswertung zeigt: Die in der langen Sicht vergleichsweise attraktive Rendite von Aktienanlagen ist auf relativ wenige Tage mit hohen Kurssteigerungen zurückzuführen. Wer die verpasst, weil er nicht investiert war oder kurz zuvor seinen gesamten Aktienbestand auflöste, bringt sich um eine gehörige Portion Performance. 

Besonders fatal: Die Gefahr, solche "Turbo-Tage" zu verpassen, ist ausgerechnet dann am größten, wenn die Märkte heftig korrigieren. Auffallend viele "Boom-Börsentage" fielen in der Vergangenheit in extrem turbulente Krisenphasen, in denen Schlagzeilen wie "Untergangsstimmung an der Börse" oder "Aktienmärkte am Abgrund" dominierten – Zeiten also, die auf die meisten Anleger wohl eher abschreckend  wirken. Unsere Bilderstrecke oben zeigt, welche "Schicksalstage" seit Einführung des Euro bei deutschen Aktien die performancestärksten waren – klicken Sie einfach weiter!

Dabeisein ist alles
Da niemand vorhersagen kann, wann diese Tage stattfinden, ist es im Allgemeinen sinnvoller, durch Marktzyklen hindurch voll investiert zu sein. Wer die besten Börsentage verpasst, muss deutlich geringere Renditen in Kauf nehmen. "Zeit ist bei der Aktienanlage wichtiger als der Zeitpunkt", so Roemheld.

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Eine langfristige Betrachtung der Aktienkurse in Europa belegt: Ein Anleger, der am 31.12.1998 mit der Einführung des Euros 1.000 Euro in den Aktienindex MSCI Europe angelegt hat, hat damit bis zum 31.05. dieses Jahres 1.992 Euro erzielt – und sein Kapital so fast verdoppelt. Hätte dieser Anleger allerdings die zehn besten Börsentage in diesem Zeitraum verpasst, wäre nur ein Betrag von 1.023 Euro entstanden. Ohne die 40 besten Tage wären sogar nur noch 324 Euro übrig.

Auch deutsche Aktien bringen attraktive Langfrist-Renditen
Dieses Ergebnis zeigt sich auch für den deutschen Aktienmarkt: Aus einer Anlage von 1.000 Euro in deutsche Standardwerte – gemessen am MSCI Germany – wurden von Ende 1998 bis Ende Mai dieses Jahres 2.124 Euro. Hätte der Anleger die zehn besten Tage dieses Zeitraums verpasst, wären Ende Mai 2016 nur noch 963 Euro übrig gewesen. Hätte er sogar die 40 besten Tage verpasst, wären nur noch 216 Euro übrig.

Die Erkenntnis, dass regelmäßiges Anleger cleverer ist als ein permanentes Hin und Her, lässt sich übrigens in fast identischer Form auch auf andere Aktienmärkte respektive Fonds mit ausländischem Aktienfokus übertragen, wie die Analysten von Allianz Global Investors ausgerechnet haben.

Kontinuität ist cleverer: Renditen p.a. bei unterschiedlichen Anlagetaktiken

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Quelle: Allianz Global Investors; Stand: 03. Juni 2016

"Schwankungen sind ein natürlicher Bestandteil der Aktienmärkte und der Preis, den Investoren für die langfristige Outperformance von Aktien gegenüber anderen Anlageklassen bezahlen", sagt Fidelity-Fachmann Roemheld. Anleger sollten deshalb auch in volatilen Börsenphasen einen kühlen Kopf bewahren und nicht überstürzt handeln. Den "richtigen" Ein- oder Ausstiegszeitpunkt vorherzusehen und dementsprechend zu kaufen oder zu verkaufen, gelinge ohnehin nicht: "Viel wichtiger ist es, langfristig investiert zu sein." (fp/ps)