Laut Thomas Grüner, Gründer und Vice Chairman von Grüner Fisher Investments, sollten Anleger besonders skeptisch werden, wenn sie den Begriff "sichere Anlage" hören. Denn echte Sicherheit sei in der Geldanlage nicht vorhanden, so der Finanzexperte. Risiken könnten zwar schwanken und unterschiedliche Gestalt annehmen, doch seien sie immer und überall präsent. Den Begriff "sicher" verwenden seiner Meinung nach selbst Fachleute oft fälschlicherweise als Synonym für "defensiv". Das verstellt laut Grüner den Blick auf die unvermeidbaren Risiken der Geldanlage. 

Dabei nennt Grüner etwa US-Staatsanleihen: "Die überwiegende Mehrheit der Anleger hält US-Staatsanleihen für sicher, dennoch unterliegen sie dem Zinsrisiko, dem Inflationsrisiko und anderen Faktoren", so Grüner. Als weiteres Beispiel führt er Bankaktien an. Bis 2008 hätten diese den Ruf gehabt, schwerfällige Werte mit sicheren, hohen Dividenden zu sein. Seit der globalen Finanzkrise 2008/2009 höre sich das fast nach einem Witz an, so der Finanzexperte. Ein weiteres Beispiel für fragliche Sicherheit sind laut Grüner Geldmarktfonds: "Wären Geldmarktfonds wirklich sicher, würden die Aufsichtsbehörden nicht verzweifelt versuchen, in Zeiten von Marktstress einen Ansturm auf diese Fonds zu verhindern." 

Defensiv ist nicht sicher
Doch vermeintliche Sicherheit könne sich auch auf andere Art negativ auswirken. Etwa wenn ein defensives Marktsegment deutlich schlechter läuft als andere: "Der Besitz vieler defensiver Aktien kann in einem Bullenmarkt enorme Opportunitätskosten mit sich bringen – ein sehr reales Risiko, das viele außer Acht lassen", erklärt Grüner. Menschen würden zwar auch in schwierigen Zeiten Licht und Heizung anmachen, was etwa den Versorgern schwankungsarme Erträge verspreche, doch das wirke sich auf die relative Performance aus: "Somit entsteht in guten Zeiten häufig eine Underperformance und in schlechten Zeiten eine Outperformance gegenüber dem breiten Markt", erklärt Grüner. "Defensiv" sei in diesem Zusammenhang also streng genommen nicht "sicher", sondern eher "antizyklisch".

Misstrauisch sein
Grüner empfiehlt Anlegern daher, bei sicheren Geldanlagen besonders misstrauisch zu sein: "Wann immer Sie eine als sicher bezeichnete Anlage sehen, sollten Sie sich informieren. Stellen Sie Fragen. Stellen Sie Nachforschungen an. Denn sicher gibt es nicht." Sein Fazit: "Jede Investition birgt Risiken. Der Schlüssel liegt darin, diese Risiken zu erkennen und sie gegen die potenziellen Vorteile abzuwägen." Bei Bargeld sei es der Kompromiss zwischen Liquidität, Stabilität und Inflationsrisiken. Bei Aktienanlagen stehe dagegen das Gleichgewicht zwischen kurzfristiger Volatilität und erwarteter langfristiger Rendite im Vordergrund. (jh)