Der Münchener Vermögensverwalter Andreas Grünewald empört sich scharf über die seiner Meinung nach ausufernde Bürokratie für sein Gewerbe. Er wirft dem Gesetzgeber "Dokumentations-Wahn" und "überbordenden Bürokratismus" vor bei der Umsetzung der neuen europäischen Regulierungsanforderungen nach Mifid II.

Grünewalds Tirade hat in der Branche Gewicht. Der Gründer und Vorstand der Münchener Vermögensverwaltung FIVV ist seit 2014 Vorsitzender des Vorstands beim Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e. V. (VuV). 80 Prozent der Mitglieder im VuV hätten bloß fünf bis 20 Mitarbeiter, sagt Grünewald – und diese kleinsten Vermögensverwalter träfen die geforderten Strukturen und Dokumentationspflichten des Gesetzgebers besonders hart. "Es gilt, die in den jüngsten Interviews gezeigte Handreichung der Bafin zu mehr Berücksichtigung der Proportionalität auch in der Praxis einzufordern", sagt Grünewald – und dabei "praktikable, wirtschaftlich vertretbare Lösungen und Standards zu definieren". 

Gegen Dokumentationspflichten
Im aktuellen Regulierungsdickicht werde es für die unabhängigen Vermögensverwalter immer schwerer, genügend Zeit für ihre Kunden und das Portfoliomanagement freizuschaufeln: "Viele Gesetze, Vorgaben und Antwortschreiben der Aufsicht sind 'Dank' der unzähligen Verweise auf irgendwelche europäischen Richtlinien selbst für Fachleute nicht mehr vernünftig lesbar, geschweige denn aufgrund offener Fragen rechtssicher umsetzbar", kritisiert Grünewald.

Er tritt unter anderem dafür ein, die verpflichtende Beratungsdokumentation wieder abzuschaffen: "Mandant und Dienstleister sollten gemeinsam selbst entscheiden dürfen, ob ein Gespräch protokolliert oder aufgezeichnet wird und es dem Kunden überlassen, welche Daten er wann preisgeben möchte." Auch die schriftlichem Sachkundenachweise mit jährlich zu dokumentierender Überprüfung für die Mitarbeitenden hält er offenbar für eine Überregulierung: "Der erwachsene und mündige Unternehmer wurde verständlicherweise im Rahmen seiner Gründung einer Vermögensverwaltung schon umfassend geprüft. Dies gilt sowohl für seine fachliche Eignung als auch seine persönliche Zuverlässigkeit und das notwendige Eigenkapital." 

Regulierung schadet auch den Anlegern
Mifid II sei aber nicht nur schädlich für seine Branche, sondern auch für die Kunden: "Ein Privatanleger, welcher heute eine Vermögensverwaltung in Anspruch nehmen möchte, muss in der Regel eine zweistellige Anzahl an Formularen lesen, verstehen und unterzeichnen – und ständig kommen weitere Vorschriften hinzu", empört sich Grünewald. Gerade weniger wohlhabende Kunden hätten zudem künftig immer größere Schwierigkeiten, überhaupt einen Berater zu finden: "Das neue Regelwerk wird den Rückgang der Anlageberatung und der Anzahl der unabhängigen Vermögensverwalter weiter verschärfen sowie die Mindestanlagesummen für die individuelle Betreuung und deren Kosten weiter nach oben setzen." All das könne nicht im Sinne des Anlegers und somit eigentlich auch nicht das Ziel der Politik und Aufsicht sein. (fp)