Am 8. Juni wählt Großbritannien ein neues Parlament. Premierministerin Theresa May hat die Wahlen vorgezogen, um im Parlament größere Einigkeit für die bevorstehenden Brexit-Verhandlungen zu erreichen. "Der Markt geht aktuell davon aus, dass die konservative Partei die Wahl mit großer Mehrheit gewinnen wird und sich auf einen relativ harten Brexit einigt", erklärt Michael J. Bell, Marktstratege bei J.P. Morgan Asset Management. Auf dieser Meinung beruhe auch die Rally des britischen Pfunds seit Ankündigung der Neuwahlen im April.

Drei Szenarien seien denkbar. Erstens: Die Konservativen gewinnen die Wahl mit einer leichten Mehrheit. "In diesem Szenario würde die Erholung des britischen Pfunds wahrscheinlich wieder umgekehrt", sagt Bell. Davon würden Unternehmen profitieren, die einen Großteil ihrer Umsätze im Ausland erzielen, was dem britischen Aktienindex FTSE 100 zugutekäme. Small- und Mid-Caps dürften sich dann unterdurchschnittlich entwickeln. Die Spreads britischer Unternehmensanleihen dürften sich ausweiten, die Aussichten für britische Staatsanleihen sind in diesem Fall unklar.

Labour lässt die Kurse fallen
Das zweite Szenario ist eine Mehrheit für die Labour-Partei. Anleger müssten sich dann mit Jeremy Corbyns Plänen einer höheren Unternehmensbesteuerung, höheren Staatsausgaben und der Verstaatlichung einiger Unternehmen auseinandersetzen. Die Aktienkurse der betroffenen Unternehmen würden voraussichtlich sinken. Auch eine höhere Körperschaftsteuer würde viele Firmen belasten. Die Credit-Spreads dürften steigen. "Staatsanleihen würden wahrscheinlich steigende Renditen verzeichnen", sagt Bell.

Das dritte Szenario ist eine Koalitionsregierung unter Beteiligung der Liberal Democrats. Hier dürfte – zumindest anfänglich – das Pfund aufwerten. Das würde Exportunternehmen belasten und inländischen Firmen Rückenwind verschaffen. "Die Renditen britischer Staatsanleihen würden aller Voraussicht nach anziehen, weil man eine weniger expansive Haltung der Bank of England unterstellen könnte", sagt der Kapitalmarktexperte. Die Liberal Democrats haben allerdings eine weitere Koalition mit Labour oder den Konservativen ausgeschlossen. (fp)