Die hohen Teuerungsraten dämpfen für viele Anleger die Freude über höhere Zinsen. Daher erscheint der Versuch verlockend, das Portfolio voll und ganz auf die Inflation auszurichten. Das ist keine gute Idee, meint Mamdouh Medhat, Vizepräsident des Asset Managers Dimensional Fund Advisors. "Viele Studien weisen nach, dass es für Anleger, egal ob professionell oder Privatinvestor, sehr schwer bis unmöglich ist, Wertpapierkurse und die Entwicklung von Inflationsraten erfolgreich vorherzusagen", begründet Medhat seine Überlegung.

Dafür gebe es einen guten Grund: Wertpapierkurse neigen dazu, neue Informationen und Erwartungen schnell einzupreisen. Dies gelte auch mit Blick auf Faktoren wie Inflation sowie deren potenzielle Auswirkungen auf die künftigen Cashflows und Diskontierungssätze von Unternehmen. "Die Kurse spiegeln die Gesamterwartungen der Marktteilnehmer wider", sagt Medhat. "Jeder einzelne Anleger steht somit in Konkurrenz zu dieser kollektiven Kraft." Man könne davon ausgehen, "dass jede neue Information bereits eingepreist ist, bevor ein Investor reagieren kann", so der Analyst.

In der Regel besser als die Inflation
Doch was können Anleger angesichts hoher Inflationsraten, die ihr Vermögen schmelzen lassen, unternehmen? Hinweise liefert eine Analyse von Dimensional. Dabei untersuchten die Experten des Hauses im Zeitraum zwischen 1927 und 2020 die durchschnittlichen Realrenditen von 23 verschiedenen US-Anlageklassen wie Anleihen und Aktien sowie von Branchen- und Aktienprämien in Jahren mit überdurchschnittlich hohen Inflationsraten (siehe Grafik – zum Vergrößern auf die Lupe klicken!).

Quelle: Dimensional

"Zwar waren die durchschnittlichen Realrenditen in Jahren mit hoher Inflation meist niedriger als in Zeiten mit niedriger Teuerungsrate", räumt Medhat ein. "Es zeigte sich aber, dass alle Vermögenswerte mit Ausnahme einmonatiger US-Anleihen auch in Hochinflationsjahren im Durchschnitt positive Realrenditen abwarfen". Insgesamt sei das Übertreffen der Inflation bei allen Vermögenswerten auf lange Sicht eher die Regel als die Ausnahme.

Effektiver Inflationsschutz
Demgegenüber sei selbst bei Vermögenswerten, die wie Value-Aktien, Rohstoffe oder Energietitel in einem Inflationsumfeld gerne empfohlen werden, keine stabile Korrelation zur Inflation festzustellen. Aus gutem Grund: "Der Preisanstieg hält in der Regel eine Weile an, bevor sich das Tempo verlangsamt, während die Renditen von Vermögenswerten von vielen anderen Faktoren beeinflusst werden und somit nicht prognostizierbar sind", erläutert Medhat. "Selbst wenn ein Anleger mit Sicherheit wüsste, wie hoch die Inflation in einem oder zehn Jahren sein wird, weiß er wenig bis gar nichts über die künftigen Renditen der einzelnen Vermögenswerte."

Als Absicherung gegen einen unerwarteten Inflationsanstieg empfiehlt der Experte wiederum, dem Portfolio inflationsindexierte Anleihen beizumischen. Diese böten den effektivsten Schutz. Dagegen ergebe es keinen Sinn, sich auf Prognosen zur Inflationsentwicklung zu verlassen. "Statt in die Kristallkugel zu blicken und darauf basierend ein Portfolio auszurichten, sollten Anleger besser einen wissenschaftlich gesicherten Ansatz verfolgen und an dieser Strategie festhalten", so Medhat. "Wie unsere Daten zeigen, bewährt sich das langfristig, und zwar unabhängig vom jeweiligen Umfeld." (fp)