Banken wie Commerzbank und UBS empfehlen den Kunden, der so genannten Brexit-Debatte mehr Aufmerksamkeit zu widmen, und warnen, dass das Pfund Sterling letztlich sinken werde, wenn die Diskussionen hitziger werden. Doch Royal Bank of Scotland geht noch einen Schritt weiter.

"Wir wollen sicherstellen, dass wir einen Schritt voraus sind"
Zwar hat Premierminister David Cameron noch kein Datum für die Abstimmung über einen Verbleib Großbritanniens in der EU festgesetzt. Aber schon jetzt schlagen RBS-Strategen Möglichkeiten vor, wie Investoren sich gegen höhere Marktvolatilität und Unsicherheit wappnen können. Diese dürften ihrer Meinung nach eintreten, wenn die Referendum-Kampagne voll im Gange ist. "Wir wollen sicherstellen, dass wir einen Schritt voraus sind", sagt Andrew Roberts, Leiter europäische Zinsstrategie bei RBS in London. "Wir sollten jetzt danach Ausschau halten, ob es Handelsgeschäfte gibt, die eingegangen werden können, um davon zu profitieren, dass dieses Thema bisher kaum auf dem Radarschirm aufgetaucht ist."

Meinungsumfragen zeigen eine wachsende Zustimmung für einen Rückzug Großbritanniens. Vor diesem Hintergrund hat der RBS-Stratege Clement Mary-Dauphin günstige, sich langsam entwickelnde Transaktionen am Optionsmarkt erarbeitet, mit denen sich Anleger gegen die Auswirkungen am Markt durch einen kontroversen Brexit-Kampf absichern können. Er hat sie so terminiert, dass sie zwischen Ende 2016 und Anfang 2017 auslaufen, den Zeitraum, den RBS als wahrscheinlichsten Zeitpunkt für einen Volksentscheid ansieht.

"Bear Steepener" als Absicherung
Ein Ansatz wäre die Verwendung von Swaps, um auf einen so genannten "Bear Steepener" zu setzen, bei denen die Renditen von zehnjährigen Gilts stärker steigen als die Renditen von zweijährigen Gilts. Der Anleger würde Bedingungen schaffen, sich gegen Verluste zu schützen, wenn die Renditen auf dem aktuellen Niveau bleiben oder sinken, würde aber Geld verlieren, wenn die kurzfristigen Renditen schneller steigen als die langfristigen Renditen.

Der Transaktion liegt die Annahme zugrunde, es sei weniger wahrscheinlich, dass ausländische Investoren Sterling-Aktiva halten, wenn das Referendum näher rückt. Wenn ein Ausstieg wahrscheinlich erscheint, würden britische Gilts ebenfalls unter Druck geraten. "In diesem Szenario glauben wir, dass auch die Bank of England Probleme haben wird, angesichts der Unsicherheit bezüglich der Umsetzung von Brexit die Politik zu straffen", sagte Mary-Dauphin in einer Studie an Kunden in der vergangenen Woche. "Gegen dieses Szenario versuchen wir eine Absicherung zu schaffen."

Märkte reagieren häufig zu spät auf politische Ereignisse
Für RBS ist die Lektion aus jüngsten Abstimmungen wie den britischen Wahlen im Mai und der im vergangenen Jahr durchgeführte Umfrage zur schottischen Unabhängigkeit, dass die Märkte häufig zu spät auf politische Ereignisse reagieren und dass Investoren profitieren können, wenn sie für die sich abzeichnende Brexit-Debatte positioniert sind. "Wir beziehen in keiner Weise Stellung dazu, ob ein Brexit wahrscheinlich ist oder nicht. Wir sagen einfach nur, dass das Referendum noch nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht", erklärte Mary-Dauphin. "Deshalb empfehlen wir frühe Absicherungsgeschäfte." (mb/Bloomberg)