"Wir investieren momentan in eine wirtschaftliche Erholungsstory nicht in eine politische Story", sagt Sandra Crowl, Mitglied des Investmentteams beim französischen Vermögensverwalter Carmignac. Sie lässt sich weder von den bevorstehenden Wahlen in Frankreich aus der Ruhe bringen, noch durch einen Trump-Effekt beeindrucken: "Wir wissen nicht, wann und ob Trump sein Programm wirklich umsetzt. Und natürlich gibt es Unsicherheiten in Europa, gegen die wir uns absichern müssen. Aber was wir sehen, ist eine synchronisierte globale Konjunkturerholung. Energie, Airlines, Zementhersteller, Emerging-Markets – die Bereiche, die davon profitieren werden, sind vielfältig".

Die Inflation würde in diesem Umfeld schneller steigen, als es die Investoren oder Notenbanken derzeit prognostizieren, so Crowl. Nicht nur in den USA, auch in Europa stünden die Notenbanken unter Druck, die Liquidität in den Märkten zu reduzieren und bei den Zinsen anzuschieben. "Was EZB-Präsident Mario Draghi bisher gemacht hat, war angemessen und brillant. Aber wir sehen zur Zeit viele Indikatoren, dass die Inflation stärker steigen wird, als es die EZB-Prognosen es vermitteln", so Crowl.

Zehnjährige US-Zinsen bald bei drei Prozent
Wie in vielen anderen Häusern heißt es auch bei Carmignac daher derzeit bei Fixed Income: "Wir achten im Portfolio auf eine sehr geringe modifizierte Duration in den Industrienationen". Bei den zehnjährigen US-Anleihen, die derzeit bei 2,5 Prozent notieren, hält Crowl drei Prozent bald für realistisch.

Die bevorstehenden Wahlen in Frankreich und ein befürchteter Sieg der populistischen Kandidatin Marine Le Pen beunruhigen Crowl nicht. Wie viele Beobachter glaubt auch sie, dass Le Pen, die aus dem Euro austreten will, in der zweiten Wahlrunde nicht als Siegerin hervorgehen würde. Selbst dann sei es bei den darauffolgenden Wahlen zur Nationalversammlung im Sommer kaum realistisch, dass Le Pens Front National (FN) hier einen beunruhigend hohen Einfluss erhält: Derzeit hält der FN nur zwei von 577 Sitzen. Außerdem sei es in Frankreich verfassungsmäßig nicht so leicht, ein Referendum auszurufen, wie das beim Brexit in Großbritannien der Fall war. "Nichts wird über Nacht passieren", so Crowl.

Defensive Sektoren, Dollar und Yen
"Natürlich müssen wir unser Portfolio gegen einen möglichen schlechten Ausgang der Wahlen hedgen. Obwohl wir also eine Erholungs-Story sehen, gehen wir vermehrt auch in defensivere Sektoren und Firmen, die von gravierenden Veränderungen nicht so hart betroffen wären –  Internet und Healthcare zum Beispiel", so Crowl. Die besten Währungen, um sich gegen Unsicherheiten in Europa abzusichern, seien derzeit der US-Dollar und der Yen. Nach dem schlechten Abschneiden der Populisten bei den jüngsten Wahlen in den Niederlanden habe man das Europaportfolio aber bereits wieder optimistischer aufgestellt.

Einer der größten Profiteure der globalen Erholung sei China: "Die Politik hat demonstriert, dass sie auf Probleme reagiert und diese im Griff hat". Carmignac meide in China Unternehmen unter Staatseinfluss und setze dagegen auf private Mid Caps. "Wir sind drei bis vier Mal jährlich dort und machen unsere eigenen Analysen. Die offiziellen BIP-Zahlen sind das eine. Aber was wir sehen ist, dass in China der Umbruch von der industrie- zur konsumbasierten Wirtschaft wirklich funktioniert. Von den Menschen, die zum ersten Mal pensionsversichert sind und optimistisch in die Zukunft blicken, geht ein starkes Signal aus", sagt Crowl.

Attraktive japanische Banken
Auch über den japanischen Markt könne man als Investor die Erholungsstory in Asien gut spielen: "Wir setzen stark auf japanische Finanzwerte, vorwiegend Banken, aber auch eine Versicherung. Die haben bedeutende Teile ihres operativen Geschäfts sowie ihrer Kreditvolumina und Vermögenswerte außerhalb des Landes. Von einem globalen und inländischen Aufschwung in asiatischen Ländern werden sie kräftig profitieren". Im Carmignac-Vorzeigefonds Patrimoine gehört der japanische Bankkonzern Mitsubishi UFJ Financial Group Inc. zu den Top-Ten-Aktien-Positionen. (eml)