Die Zinswende ist mehr als zwei Jahre her. Auf den Immobilienmarkt wirkte sie seither wie eine Vollbremsung aus völlig überhöhter Geschwindigkeit. Entsprechend warten die Akteure erstmal ab und beäugen verschiedentlich aufkeimende Hoffnung auf Normalisierung mit Argwohn. Aber es gibt sie vereinzelt: Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) etwa verwies vergangenen Donnerstag (22.8.) auf ein stabiles Immobiliengeschäft in der ersten Jahreshälfte. Zwar ist ihr Immobilienkredit-Volumen zurückgegangen, entgegen dem allgemeinen Trend bei Immobilienfinanzierungen konnte sie jedoch ihre Verpflichtungen zur Risikovorsorge deutlich von 179 auf 49 Millionen Euro zurückfahren – bei etwa gleichbleibenden Erträgen aus Zinsüberschüssen. Die Helaba sieht darin "erste Zeichen der Bodenbildung in der gewerblichen Immobilienfinanzierung", macht den Erfolg aber vor allem an ihrem "proaktiven Management" fest, das ihr Portfolio weiter bereinigt habe.

FONDS professionell ONLINE sprach mit Iris Schöberl, Präsidentin des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), über die aktuelle Lage bei der Immobilienfinanzierung und der Entwicklung der Büroflächennachfrage aus Sicht des Asset Managements.


Frau Schöberl, Investoren hoffen auf Zinssenkungen. Wie wahrscheinlich sind die?

Iris Schöberl: In den drei wichtigsten Investmentmärkten – in den USA, Großbritannien und in der Eurozone – sind die volkswirtschaftlichen Situationen sehr unterschiedlich. In den USA schwächt sich zwar die Inflation ab, die Aussichten für eine Zinssenkung sind jedoch recht gut, da sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt und die Arbeitsmarktdaten eine Rezession andeuten. Auch in Großbritannien könnte eine Zinssenkung kurz bevorstehen, wenngleich aus anderen Gründen. Hier hat sich die Wirtschaft stabilisiert und es gibt Anzeichen für ein moderates Wachstum. In der Eurozone und in Deutschland verharrt die Kerninflation jedoch bei drei Prozent. Entsprechend sind hier Hoffnungen auf eine schnelle Zinssenkung nicht allzu begründet.

Welche Konsequenz hat das für Immobilienfinanzierungen, die in der zweiten Jahreshälfte zur Verlängerung anstehen?

Schöberl: Es bleibt eine sehr angespannte Zinslage für die Immobilienbranche. Die Margen und die Liquiditätskosten der Banken sind gestiegen, weil sie von der EZB angehalten werden, mehr Risikovorsorge zu betreiben und ihr Eigenkapital zu erhöhen. Die Folge ist, dass sie weiterhin nur sehr restriktiv Kredite vergeben. Sie schauen sich auch mehr als bisher den jeweiligen Einzelfall an, sodass die Konditionen für anstehende Prolongationen sehr unterschiedlich ausfallen können. Immerhin hat das den Effekt, dass sich in einzelnen Fällen auch eine leichte Entspannung bemerkbar macht. In Zeiten wie diesen ist man ja schon für kleine Schritte in die richtige Richtung dankbar.

Wie beurteilen Sie, dass im Homeoffice zu arbeiten ein gesellschaftlicher Wert geworden ist, im Hinblick auf die Entwicklung von Flächenbedarfen und die Chance gutes Personal gewinnen zu können?

Schöberl: Ein gesellschaftlicher Wert ist es meiner Ansicht nach nicht geworden, eher ein gesellschaftliches Phänomen, mit dem man umgehen muss. In meinem Unternehmen gibt es in der Regel einen Tag Homeoffice pro Woche. Das erhöht die Flexibilität der Mitarbeiter, aber den Flächenbedarf reduziert dieser eine Tag nicht. Gutes Personal bekommen wir trotzdem, aber nicht obwohl, sondern weil wir bei der Homeoffice-Frage eher restriktiv sind. Das Bewusstsein für die Vorzüge, im Team zu arbeiten, ist stärker als es manchmal den Anschein hat. Wir labeln es einfach umgekehrt: Bei uns gibt es eine viertägige Office-Pflicht. Einen Rückgang der Flächennachfrage sehe ich eher in der allgemein schwierigen wirtschaftlichen Lage begründet. In schwierigen Zeiten waren es schon immer Büros in weniger attraktiven Lagen, die als erstes gekündigt wurden.

Vielen Dank für das Gespräch. (tw)


Iris Schöberl, ZIA-Präsidentin und Managing Director Germany von Columbia Threadneedle Investments, wird mit ihrer Keynote "Immobilieninvestments im Wertewandel" das FONDS professionell Investmentforum SACHWERTE eröffnen.

Am 11. September 2024 stellen sich 18 Anbieter von Sachwertinvestments, darunter auch einige, die ELTIFs anbieten, der kritischen Diskussion mit Analysten, Vertrieben und der Redaktion.

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